Mütter müssen sich Elternzeit- und Teilzeit-Jahre von ihren Partnern bezahlen lassen, sagt unsere Kolumnistin.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Stuttgart - Als ich das erste Mal in Elternzeit war, traf ich mich mit einer Bekannten, die sich privat wie beruflich viel mit dem Thema Gleichberechtigung beschäftigt. Als ich ihr erzählte, dass ich nach einem Jahr wieder Teilzeit arbeiten würde, fragte sie nicht wie die meisten anderen: „War es sehr schwer, einen Krippenplatz zu finden?“, sondern: „Zahlt dein Mann dir einen Ausgleich dafür, dass du weniger arbeitest?“

 

Im ersten Moment verstand ich die Frage nicht. Denn tatsächlich hatte ich mir zuvor keine Gedanken darüber gemacht, dass mir durch die Elternzeit und eine längerfristige Teilzeitarbeit ja nicht nur aktuell Gehalt verloren ging, sondern auch jede Menge Rentenansprüche für die Zukunft. Und dass ich das mit dem Mann, der zu diesem Zeitpunkt mehr verdiente, irgendwie regeln sollte.

Die wenigsten Paare haben etwas geregelt

Mit meiner Sorg-, oder eher Gedankenlosigkeit bin ich nicht allein. In meiner Akademikerblase um mich herum erlebe ich fast ausschließlich in Teilzeit oder gar nicht arbeitende Mütter und in Vollzeit arbeitende Väter (statistisch arbeiten 70 Prozent aller berufstätigen Mütter Teilzeit, aber nur sechs Prozent der Väter). Und von denen, die ich bislang gefragt habe, haben die wenigsten Paare dazu irgendetwas geregelt.

Finanzexpertinnen empfehlen zum Beispiel – wenn schon nur eine dauerhaft in Teilzeit arbeiten muss/will - , dass der besser verdienende Partner die Frau monatlich entlohnt, damit sie das Geld fürs Alter anlegen kann, oder eben direkt in eine private Rentenversicherung für sie einzahlt – und das vor allem auch vertraglich für den Trennungsfall festzuschreiben.

Womit wir beim grundsätzlichen Problem wären: Die Worte Ausgleichszahlung, Vertrag und Trennungsfall passen halt so gar nicht in das romantische Idealbild der ewig währenden Liebes-Paar-Beziehung. Und wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, warum so wenige Frauen (und Männer) das Thema angehen. Sie verlassen sich oder hoffen einfach darauf, dass die Beziehung/Ehe schon ewig halten wird und der Mann sie dann mitversorgt. Und das müssen sie auch, denn tatsächlich bekommen Frauen im Schnitt nur 47 Prozent der Rente von Männern ausbezahlt.

Kinderbetreuung – das größte Neigungsfach überhaupt!

Eine Rolle spielt natürlich auch, dass viele Frauen sich ganz generell viel zu wenige Gedanken über ihre Bezahlung machen. Sie studieren „Neigungsfächer“, wählen Berufe nicht nach Verdienstmöglichkeiten, sondern nach Selbstverwirklichungspotenzial aus. Wie könnten sie da Geld verlangen, weil sie sich um ihre Kinder kümmern – sozusagen ihr größtes Neigungsfach überhaupt! Oder, wie es eine Mutter kürzlich in einem Facebook-Kommentar unter einen Artikel zum Thema schrieb: „Die Umarmung des Kindes ist der größte Lohn, der durch nichts ersetzt werden kann!“ Woraufhin eine andere antwortete: „So sollte es zwar sein. Davon erhalte ich aber keine Rentenansprüche.“

Klar, das Problem hätte sich erledigt, wenn Familien- und Hausarbeit auch vom Gesetzgeber endlich ordentlich in Rentenansprüchen vergütet würden (die jetzt eingeführten Verbesserungen der Mütterrente sind ein Anfang). Aber solange das nicht so ist, bleibt Eltern nur, das untereinander zu regeln.

Bei dem Mann und mir hat sich das Thema Ausgleichszahlungen von selbst erledigt, weil wir mittlerweile beide in Teilzeit arbeiten – ich 70, er 75 Prozent – und dabei ungefähr gleich verdienen. Ein sehr seltenes Modell, das aber durch das neue Brückenteilzeitgesetzt zumindest leichter umsetzbar geworden ist, weil es ein Rückkehrrecht in Vollzeit unter bestimmten Voraussetzungen festschreibt.

Unser Familienmotto also: Wenn schon Altersarmut, dann gemeinsam.

Anmerkung der Autorin: Da einige Leser den Text als unvollständig und pauschal kritisiert haben: Der hier formulierte Appell, sich mit dem Partner Gedanken über einen finanziellen Ausgleich zu machen, richtet sich insbesondere an nichtverheiratete Paare. Für verheiratete Paare regelt der so genannte Versorgungsausgleich, dass die während der Zeit der Ehe erwirtschafteten Anwartschaften geteilt werden. Geteilte Rentenpunkte aus einigen Jahren Ehe retten den weniger arbeitenden Partner im Alter allerdings meist nicht. Ebenfall nicht geregelt ist der Ausgleich des – natürlich schwer pauschal zu beziffernden und nur individuell zwischen Partnern aushandelbaren – Rentenverlusts wegen entgangener Karrierechancen. Ebenso wenig wie einen Ausgleich für die Zeit nach der Ehe, in der möglicherweise weiterhin ein Partner dauerhaft weniger arbeitet. Auch Ehepaare sollten sich also darüber Gedanken machen, wie sie sicher stellen können, dass beide im Alter gut versorgt sind – ob sie sich eventuell einmal trennen oder nicht.

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Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken über Kinder, Kessel und mehr.