Der Ugander Aggrey Magala arbeitet bei einer Hilfsorganisation, die sich für bessere Lebensbedingungen und mehr Bildung einsetzt. Unser Kolumnist Johannes Nedo ist beeindruckt von dessen Lebensfreude.

Jinja - Seinen Gemütszustand gibt Aggrey Magala am liebsten in Prozent an. Meistens liegt der um die 70 Prozent. An einem schlechten Tag, wenn es so stark geregnet hat, dass er auf dem Weg zur Arbeit ständig durch den Matsch waten muss, sagt er: „Heute fühle ich mich nur zu 68,4 Prozent gut.“ An einem guten Tag, wenn er sich nach der Arbeit noch mit Freunden auf ein Bier trifft, heißt es: „Heute bin ich bei 75,2 Prozent.“

 

Aggrey Magala hat Statistik und Wirtschaftswissenschaften studiert, 2010 schloss er sein Studium an der Universität von Kampala in der Hauptstadt Ugandas ab. Doch seine Arbeit hat nichts mehr mit Zahlen zu tun – seinen Gemütszustand in Prozentpunkten mitzuteilen ist das einzige Überbleibsel des Studiums. Seit einem Jahr arbeitet der 29-jährige Ugander für die britische Hilfsorganisation Soft Power Education (SPE). Er mag seinen Job sehr, denn auch wenn er es nicht erwartet hätte: Statistik vermisst er gar nicht. „Ich bin ständig unterwegs und muss viel organisieren. Das ist perfekt.“ Magala koordiniert den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer und betreut deren Projekte. Meistens sind es Europäer, Australier oder Amerikaner, die für einige Zeit nach Uganda kommen, um Freiwilligenarbeit zu leisten.

Freiwillige renovieren Schulen und bauen Latrinen

SPE will die Bildungschancen der ländlichen Bevölkerung in dem ostafrikanischen Staat verbessern. Seit 1999 hat die Organisation mehr als 50 Schulen renoviert und Latrinen gebaut, vor allem in der Region um Jinja, zwei Autostunden östlich von Kampala. Außerdem hat SPE eigene Vorschulen eröffnet, betreibt eine Dorfklinik und hat ein Betreuungsprogramm für behinderte Kinder ins Leben gerufen.

Gleich nach der Begrüßung führt Magala mich zu einer der renovierten Schulen. Die Außenfassade ist in knalligem Gelb und Blau gestrichen, innen prangen bunte Tierbilder an den Wänden. Während wir von Klassenraum zu Klassenraum gehen, erzählt er von seiner Stelle. Auch als Motivator für die Freiwilligen bei ihren Renovierungsarbeiten sei er gefragt. „Mit ein paar lustigen Sprüchen klappt das aber immer“, sagt er und lacht. Er lacht überhaupt viel. Als er jedoch von seiner Kindheit berichtet, ändert sich seine Miene: „Ich habe hier früher nur in dunklen, dreckigen Schulen gesessen. Man fühlt sich ganz schlecht – ganz wenig Prozent.“

Aggrey Magala hat eine der wenigen festen Stellen

Aggrey Magala ist ein Paradebeispiel für die Arbeit von SPE. Er wohnt in einem kleinen Dorf, 15 Kilometer nördlich von Jinja. Von Freunden hörte er, dass die Hilfsorganisation für die Renovierungsarbeiten tageweise lokale Vorarbeiter einstellt. So kam er vor sieben Jahren zu seinem ersten Studentenjob. „Zu Hause hatte ich in den Ferien nichts zu tun. Hier gibt es ja keine Arbeit.“ Immer wieder konnte sich Magala bei SPE einbringen, er leitete Freiwilligengruppen oder half im Büro. Nach dem Studium wollte er eigentlich in einem Ministerium arbeiten. „Doch ohne Beziehungen hat man in Uganda keine Chance. Hier gibt es so viele gute junge Leute ohne Job“, klagt er. Aber dann hatte Magala Glück. SPE schrieb eine Stelle aus, und unter den vielen Bewerbern setzte er sich durch. Nun ist er einer der wenigen in seinem Freundeskreis mit einer festen Anstellung. Mehr als 60 Prozent der jungen Erwachsenen sind arbeitslos. Auch Magalas Frau Hajira hat keinen Job, sie kümmert sich zu Hause um die zweijährige Tochter Leonetta.

Es gibt viel Korruption

„Ich kann sehr froh sein, dass SPE eine besondere Organisation ist“, sagt er. Die große Mehrheit der 30 Festangestellten sind Ugander, nur fünf sind Weiße. „Während bei vielen Hilfsorganisationen so viel Geld für neue Autos und Ähnliches draufgeht, profitieren bei SPE besonders die Menschen vor Ort.“ Aber warum wird SPE in Uganda überhaupt gebraucht? Warum kümmert sich die Regierung nicht um ordentliche Schulen? „Die Regierung tut viel zu wenig“, entgegnet Aggrey Magala. „Es gibt viel zu viel Korruption.“

Ihm ist bewusst, dass nicht alle die Arbeit von Hilfsorganisationen als nützlich ansehen. Auch in dieser Region. „Manche denken, ausländische Organisationen sollten ihnen einfach Geld geben. Dass man mit einer langfristigen Strategie mehr erreichen kann, sehen sie nicht.“ Es gibt also noch einiges zu tun für Aggrey Magala.

Kolumne
Johannes Nedo reist mit seiner Frau neun Monate durch Afrika und Südamerika. Er berichtet in unregelmäßigen Abständen von seinen Abenteuern und Begegnungen.