Wenn eine Putzfrau der Brüller und der Kittelschurz das bevorzugte Showkostüm ist, gibt’s keinen Zweifel: Die schwäbische Fasnet bleibt sauber. Heimische Narren, hat die SWR-Live-Sendung aus Donzdorf gezeigt, sind mal sauglatt – und sie vergaloppieren sich auch mal. Unser Kolumnist hat zugeschaut.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Donzdorf/Stuttgart - Fast hätte die närrische Gemeinde den Schwabenhit „Spätzle mit Soß“ streichen müssen. Denn die Putzfrau Elfriede Schäufele, die dieses Lied singt, war krank, wie sie erzählt. Zum Glück wusste der Sitzungspräsident Michael Gutwein, was zu tun ist. Als er von ihr erfuhr, sie liege mit „Gastritis im Bett“, habe er nur gesagt: „Schmeiß den Griechen raus und komm!“

 

Die Schäufele ist ohne den Griechen gekommen – und auch ohne Frl. Wommy Wonder. Zu den Profis in der Laienschar der vom SWR-Fernsehen live übertragenen Prunkfestsitzung aus Donzdorf zählt Michael Panzer. Im Putzfrauenfummel erntet der Travestiekünstler bei der schwäbischen Narren-Hauptversammlung Beifallsstürme. Im Glitzerdress als Fräulein Wonder, seine Hauptrolle, wird er nie eingeladen – weil’s zu anrüchig wäre? Wenn ein resoluter Feger feucht durchwischt, mag sich der Sender denken, haben dreckige Witze keine Chance.

Konfetti-Verbot kann nicht überraschen

Sauber, sauber! Dies gilt nun mal für die schwäbische Fasnet, weshalb das erstmals verhängte Konfetti-Verbot auf dem Schlossplatz beim Stuttgarter Umzug am 13. Februar nicht überraschen kann. Die Narrenwelt, vor allem die im Rheinland, lacht über uns. Wir lachen zurück!

Wie gut ist der heimische Frohsinn? Bei der jährlichen TV-Übertragung, bei der unter der Regie des Landesverbandes Württembergischer Karnevalvereine alle ohne Gage auftreten, kann man sich ein Bild davon machen, ohne sich selbst ins närrische Getümmel stürzen zu müssen. Daheim auf dem Sofa ist das so, wie wenn du im Wasenzelt nur Mineralwasser trinkst, während die anderen mit den Bierkrügen Dinge saukomisch finden, die du nüchtern nicht verstehst.

Witze über die Erotik des Alters

Aber auch vor der Glotze gibt’s was zu lachen. Wenn etwa die Elsbeth Gscheidle als Kellnerin ihren sauren Käs mit extra vielen Zwiebeln nicht los wird. „Wer den frisst, ko kurza Strecke fliega“, sagt sie.

Ihr schwant Böses, was den Trend zum Fleischlosen betrifft: „Wenn das mit dem Vegan so weitergeht, seh’ ich mich künftig mit meine rota Würschd draußa bei de Raucher steha.“ Ebenso Bühnenprofis sind Petra Binder und Doris Reichenauer von Dui do ond de sel, die über die Erotik des Alters sinnieren. „Moi Busa hängt net, der chillt“, sagt die eine. Und die andere zweifelt am Krankheitsbefund der Kollegin: „Ein Hexenschuss haschd du? Die schießet net auf ihre eigene Leut.“

Als Treffer erweisen sich zudem die mordenden Witwen der Fehlaperlen, die „sexy wie ein Pfund weißer Schmartenmagen“ sind. Beim Ehestreit von Hillus Herzdropfa geht’s hoch her. Sagt sie: „Acht andere hätt’ i habe könne – und elle waren intelligenter also du.“ Antwortet er: „Das habet die au bewiesen.“

Mitunter muss man sich fremdschämen

Dagegen beginnt daheim das Fremdschämen beim Tuntenklischee, das in der Arztpraxis mit Zäpfleswitzen zur Schau gestellt wird, sowie beim mobbenden Zwerg vom Berg. Wenn man einen Bumerang nach Polen werfe, sagt er, komme der nicht zurück. Thomas Gottschalk hat bei Spott über Osteuropäer via Twitter für einen Shitstorm gesorgt – mal sehen, was der Narr von Donzdorf auslöst. „Die Witze sind auf unterschiedlichem Niveau“, räumt SWR-Redakteur Alexander Göbel am Tag danach ein. Beschwerden über die Polen-Beleidigung habe es nicht gegeben. „Der Zwerg vom Berg ist Kult“, sagt Göbel, „die Zuschauer wollen ihn sehen.“

Bis morgens um 3 Uhr haben die Akteure hinter der Bühne gefeiert. „Laien und Profis haben sich super verstanden wie in einer einzigen Künstlerfamilie“, berichtet Panzer. Zufrieden ist auch der SWR mit der Quote: Der Marktanteil lag bei 10,9 Prozent mit 630 000 Zuschauern. Kein Vergleich zur „Fastnacht in Franken“, die 4,21 Millionen eingeschaltet haben. In Bayern sitzen die Spitzenpolitiker im Saal – in Donzdorf sah man nur FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und SPD-MdB Heike Baehrens.

Bei der schwäbischen Fasnet steppt der Kittelschurz. Hätte man die schwachen Programmpunkte gestrichen, hätten wir nichts zu klagen. Und ohne Bruddeln wollen echte Schwaben niemals sein.