Schön, schöner, Stuttgart! Die Miss Germany 2019, die Miss Germany 2018, der Mister Germany 2017 – ihre Heimat ist die Beauty-Town Stuttgart. Warum, fragt unser Kolumnist, kommen unsere jungen Leute so verdammt gut an?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Die Jury der jüngsten Schönheitswahl im Europa-Park Rust hat Mut gezeigt und auf den Thron eine Stuttgarterin gesetzt, die sich der Übermacht der gängigen Instagram-Girlie-Fotos widersetzt. Heutzutage gilt Schönheit nicht mehr als Geschenk der Natur, sondern als Leistung, als Arbeit. Stuttgart zeigt mit ihrer lockeren, eloquenten und für den Umweltschutz engagierten Polizistin Nadine Berneis, der neuen Miss Germany, dass es auch anders geht. Das ist wirklich schön!

 

In Zeiten der Beauty-Apps und des möglichst perfekten Zur-Schau-Stellens in den sozialen Medien führt die übertriebene Beschäftigung mit dem eigenen Körper dazu, dass man immer neue Makel bei sich entdeckt und immer unzufriedener mit sich wird. Viele Frauen vergleichen ihr Aussehen mit den bearbeiteten Bildern junger Models und Schauspielerinnen und glauben deshalb, hässlich zu sein. Doch unsere Polizistin mit der Zahnlücke führt vor, dass Ausstrahlung wichtiger ist als hundertprozentige Perfektion.

Den Mister Germany haben wir auch noch

Jedes Jahr gewinnt Stuttgart den Titel der Kulturhauptstadt in Deutschland. Den Titel der Stadt mit den schönsten Menschen gebührt uns nun auch. Zweimal Miss Germany (Anahita Rehbein und Nadine Berneis), einmal Mister Germany (Dominik Bruntner) – wer bietet mehr? Feinstaub, Wutbürger, Dieselfahrverbote, ewige Baustellen, Staus, erbitterter Streit um Stuttgart 21 – auf den ersten Blick sind dies keine Zutaten für ein ungetrübtes Image. Doch nicht vor denen, die sich streiten, sollte man sich in Acht nehmen, sondern vor denen, die alles mit sich machen lassen.

Warum also die junge Leute aus Stuttgart so gut ankommen? Weil sie ihren eigenen Kopf haben, selbstbewusst sind und schon lange nicht mehr den Klischees folgen, mit denen man gern von auswärts die Schwaben auslacht. Oder liegt’s am Mineralwasser oder Spätzle mit Soß, warum Stuttgarter viel schöner als Berliner sind?

Elfriede Schäufele räumt bei der „Schwäbischen Fasnet“ ab

In Stuttgart gibt’s ganz besondere Feger, wie die fünfte Jahreszeit des Frohsinns auf das Heftigste beweist. Elfriede Schäufele alias Frl. Wommy Wonder hat bei der live aus Donzdorf übertragenen Prunksitzung „Schwäbische Fasnet“ am Sonntagabend im SWR-Fernsehen abgeräumt. Wann kandidiert die schwäbische Hausfrau als Miss ? Die Schäufele wäre eine wunderbare Botschafterin für Lebensfreude. Mit ihrer Figur ist sie entweder der Zeit weit voraus – oder eine Inkarnation eines Pfundsweibs aus der Rubens-Ära. Man weiß es nicht so genau. In der TV-Sendung hat sie das schwäbische Wesen erklärt: „Leider schämt sich der Schwabe gern von Natur aus für das, was er ist und was er kann.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Der Badener sollte sich schämen, aber der tut’s nicht.“ Jeder müsse etwas tun, um das Fahrverbot aufzuheben, sagte die Schäufele: „Ich geh mit gutem Beispiel voran, ich kaufe keine Jeans mehr, wo Diesel draufsteht.“

Die schöne Polizistin lässt sich beurlauben

Nadine Berneis, die Miss Germany, wird als Polizisten vorerst das Dieselfahrverbot nicht überwachen. Die 28-Jährige hat sich für ein Jahr beurlauben lassen. Sie muss der Welt zeigen, wie schön Polizeibeamtinnen im Allgemeinen und Stuttgarterinnen im Besonderen sind.

Soll der Rest der Republik trotzdem über Stuttgart seine Späße machen. Der Spott, der über unsere Stadt verbreitet wird, ist von uns gewollt. Er hält uns Menschen vom Leib, mit denen wir Stuttgart auf keinen Fall teilen wollen. Psssst, liebe Welt, Stuttgart ist ganz ohne Zweifel die schönste Stadt auf Gottes Erde – aber behaltet dies für euch. Überlasst das Protzen den Bayern. Denn wer hälenga stolz auf sich ist, hat mehr davon. Und viel schöner ist das auch!