Wenn man sich beschwert, stellt sich meistens heraus, dass es sich nur um einMissverständnis gehandelt hat. Unsere Kolumnistin staunt in jedem Fall über die Antworten, die sie mitunter auf ihre Schreiben erhält.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Ich habe ein schweres Verbrechen begangen: Blechschaden. Beim Ausparken. Der Polizeihauptkommissar D. klimperte mit den Handschellen. Er schimpfte, mahnte und tadelte mich. Je mehr Asche ich mir aufs Haupt schaufelte, desto beängstigender wurden seine Rügen. Wenn es mir nicht passt, erklärte er schließlich, „kann ich Ihnen auch drei Punkte in Flensburg verpassen!“

 

Ich habe mal nachgeschaut: Drei Punkte bekommt man bei fahrlässiger Tötung, Nötigung oder Vollrausch. Deshalb habe ich einen Beschwerdebrief geschickt. Der Revierleiter antwortete prompt: Trotz „schwerpunktmäßig vorhandener Kommunikationsmissverständnisse“ sei die Androhung von drei Punkten völlig korrekt. Denn: „eine spezifisch auf die Verursachung eines Verkehrsunfalls durch unachtsames Fahren ausgelegte Umsetzung des Sachverhalts hätte tatsächlich eine Ahndung mit 100 Euro sowie einem Punkt im Verkehrsregister nach sich gezogen“.

Das Ebay-Konto weist Minus und Plus auf

Man könnte sich ja häufig beschweren. Freunde haben seit drei Monaten weder Telefon noch Internet – wegen schwerpunktmäßig vorhandenen Kommunikationsmissverständnissen zwischen ihrem Internetanbieter und der Telekom. Natürlich haben sie sich beschwert. „Wenn Sie mal wieder Internet haben sollten“, sagte der Kundenberater, „können Sie sich ja mal bei der Bundesnetzagentur beschweren.“

Eine Freundin wollte sich bei Ebay abmelden. Bei der Hotline erfuhr sie, dass sie nicht kündigen könne, weil ihr Konto ein Minus von 55 Cent aufweise. Beim nächsten Anruf erfuhr sie, dass sie nicht kündigen könne, weil ihr Konto ein Plus von 1,46 Euro aufweise. Nachdem sie schließlich geharnischt schrieb, dass sie definitiv „keine Kommunikation“ mehr wolle, bekommt sie nur noch einmal täglich eine E-Mail.

Aber wahrscheinlich liegt hier nur ein schwerpunktmäßig vorhandenes Kommunikationsmissverständnis vor. Wie bei unseren Hausnachbarn. Weil bei ihnen mehrere Steine aus dem Boden gebrochen sind, kam es zu einem Unfall. Selbst schuld, schrieben sie zurück. „Im Übrigen sehen wir einem Schreiben Ihres Rechtsanwalts mit freudiger Gelassenheit entgegen.“

Vielleicht sollte man da einfach mal den Polizeihauptkommissar D. vorbeischicken. Damit er ein paar Punkte verteilt. An mich hat er sie nämlich nicht losbekommen. Nach der spezifisch ausgelegten Umsetzung des Sachverhalts wurde der Blechschaden mit null Punkten geahndet.