Land in Sicht? Noch nicht überall! Der Fischmarkt fällt erneut aus, der Neckar-Käpt’n schippert dagegen los. Und Stuttgarts sanfter Riese Dundu zieht zum 15. Geburtstag durch die Stadt. Unser Kolumnist Uwe Bogen über Lichtblicke in der Krise.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Vom „Sommermärchen“ des Jahres 2006 ist eine Affäre beim DFB übrig geblieben – aber vor allem die Erinnerung an eine wunderbare Zeit des Feierns und Fröhlichseins. Das Märchen rund um die Fußball-Weltmeisterschaft brachte in Stuttgart eine Märchenfigur hervor. Dundu (das meint: Du und du) heißt sie, ein sanfter Riese ist sie, eine Leuchtpuppe, die Poesie traumwandlerisch verbreitet. In der Pandemie musste Dundu schlafen, sehr lange schlafen. Doch jetzt zum 15. Geburtstag darf der XXL-Lichtbringer unter die Leut’, wird vom Kulturamt zum 1. Juni, zum Internationalen Tag des Kindes, durch die Stadt geschickt.

 

Wie sehr sich alle über Lichtblicke in der düsteren Coronazeit freuen! Dundu ist aus schmalen Metallstangen geformt und mit dehnbarem Netzgewebe überzogen. In der Subkultur der Stuttgarter Wagenhallen ist die Leuchtfigur groß geworden – und war vor Corona mit mehreren Exemplaren und mit mehreren Puppenspielern rund um die Welt unterwegs, um voller Anmut, voller Melancholie, aber auch fröhlich, lebenslustig und lebensbejahend die Menschen zu erfreuen und Mut zu machen. Gerade in der Pandemie kann man eine starke Ladung Optimismus gut gebrauchen!

Die Puppenspieler ziehen für den Nacktkalender blank

Tobias Husemann hat vor über 15 Jahren die Idee einer riesigen Puppe, die im Dunkeln an Stäben von schwarz gekleideten Spielern geführt wird, von Menschen, die nicht zu sehen sind, aus Israel mitgebracht. Seinen Kumpel, den Musiker Stefan Charisius, konnte er gleich damit begeistern. Beide sind die Väter von Dundu.

Die langen Zwangspause – die gesamten Teams mussten in Kurzarbeit, die wenigstens zum Fotoshooting für den Stuttgarter Nacktkalender sowie für einen Auftritt beim digitalen Opernball unterbrochen worden ist – haben die beiden Puppenspielerchefs genutzt, um ihre bisher fünf Meter große Märchenfigur weiterzuentwickeln. „Es wird bald einen Dundu von sieben Metern geben“, verrät Charisius, nach dessen Musik die Figur tanzt.

Als Lichtbote in Stuttgart unterwegs

Noch in gewohnter Größe wird Dundu am kommenden Dienstag durch Stuttgart als Lichtbote ziehen. Unter anderem geht es in den Park der Kita Hasenbergstraße, ins Diakonissenkrankenhaus, in die Innenhöfe des Bahnerviertels im Norden der Stadt. Zuschauen kann man am Abend etwa vom Balkon oder von den Fenstern aus. Das Kulturamt finanziert die Leuchtspur, die nicht nur Kinder begeistern wird. „Viele Menschen waren in den vergangenen Monaten alleine zu Hause und haben ihre Freunde, Familienmitglieder oder andere liebe Mitmenschen sehr vermisst“, heißt es auf einem Flyer, mit dem Dundu für seine Tour der Hoffnung wirbt, „ganz besonders ältere Menschen oder Menschen mit einer Vorerkrankung mussten diese schwere Zeit isoliert verbringen.“

Das Licht steht für Hoffnung, für das Leben und für Freude. Mit den fallenden Inzidenzen kann’s wieder heller werden im Miteinander der Menschen. Dundu will im Sommer einen Nightliner mieten und in baden-württembergische Städte fahren, in denen die Inzidenz unter 100 liegt, um die Botschaft der Zuversicht poesievoll zu verbreiten, um für magische Momente zu sorgen und allen zu zeigen: So schön kann das Leben sein!

Erneut muss der Fischmarkt um ein Jahr verschoben werden

Während immer neue Öffnungsschritte im Lockdown erfolgen, deren Regeln sich manchmal so schnell ändern, dass man kaum noch durchblickt, ist am Freitag erneut eine Absage bekannt gegeben worden, die viele bedauern werden. Der Hamburger Fischmarkt, vom 8. bis 18. Juli auf dem Stuttgarter Karlsplatz geplant, fällt zum zweiten Mal in Folge aus. Eine „wirtschaftlich vertretbare Öffnungsperspektive“ sei leider nicht gegeben, sagt Wilfried Thal von der WAGS Hamburg Events GmbH, den Veranstaltern. „Die Schotten müssen dicht bleiben“, bedauert der Hanseate, „das lang ersehnte Wiedersehen nun noch einmal verschoben werden.“ Noch ist kein Land in Sicht. Der Termin für den Sommer 2022 aber steht fest: Am 7. Juli des kommenden Jahres wollen die Fischexperten „alle Stuttgarter wieder auf dem Karlsplatz an Deck rufen“. Tahl sagt, dies komme ihm vor „wie eine Ewigkeit“.

Während die Hamburger Markthändler in ihrer eng mit dem Wasser verbundenden Stadt daheim im hohen Norden bleiben müssen, heißt es auf dem Neckar in der kommenden Woche: „Leinen los!“ Am Donnerstag, 3. Juni, starten zunächst drei Schiffe der Neckar-Personen-Schifffahrt Berta Epple – auch als Neckar-Käpt’n bekannt – an der Anlegestelle Wilhelma in Bad Cannstatt. Unter anderem schippert die neue Weinkönigin los, jenes Schiff, das sich künftig zwischen Marbach und Besigheim dem Thema Wein widmen wird. Bei ihrer „Jungfernfahrt“ werden zwei Live-DJs und Entertainer Michael Gaedt mit an Bord sein.

DJ Jens Herzberg startet seine „Tour of Hope“

Auf der MS Wilhelma hat am Freitagabend Jens Herzberg, den man „DJ-Legende“ nennt, seine „Tour of Hope“ gestartet, die Partystimmung via Netz zu den Tänzern nach Hause bringen soll. Bis zur Abschlussparty am 16. Juli auf der VIP-Tribüne der Stuttgarter Kickers wird der 55-Jährige an Sehenswürdigkeiten der Stadt, etwa in der Stadtbibliothek, im Planetarium, im SSB-Museum sowie im Gewölbekeller der Rilling-Sektkellerei, sein Pult aufstellen, auflegen und gute Laune in die Welt hinaus streamen. Damit will Herzberg, der das Stuttgarter Nachtleben seit den 1980ern mitprägt, „Mut machen, um noch ein wenig durchzuhalten, bevor es richtig losgehen kann“.

Beim Durchhalten hilft die Vorfreude auf das, was kommt. In den Kneipen, Biergärten und Restaurants, die bereits geöffnet haben, ist viel positive Stimmung zu spüren. Halt nein, dies darf man auf keinem Fall sagen. Positive Ergebnisse will in der Coronazeit keiner. Deshalb, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich Ihnen für dieses Wochenende und weit darüber hinaus: Bleiben Sie negativ!