Vor zwanzig Jahren war schon einmal ein großer UN-Gipfel in Rio de Janeiro. Seitdem ist das Leben für viele Stadtbewohner besser geworden.

Rio de Janeiro - Plötzlich stand ich ohne Geld da. Zwanzig Jahre ist das her, zum Ende des Umwelt-Gipfels von Rio 1992: Die sechs oder sieben Hundert-Mark-Scheine, die ich ein paar Tage vor der Rückreise noch im Brustbeutel hatte, wollte niemand wechseln, weil sie nicht mehr ganz neu waren. Schließlich erbarmte sich ein etwas obskures Reisebüro, gegen einen kräftigen Abschlag natürlich, und ich kam mir vor, als hätte ich Falschgeld unter die Leute bringen wollen. Kaum zu glauben, dass es so etwas mal gab in Brasilien, wo heute an jeder Ecke ein Geldautomat herumsteht, der internationale Karten lesen kann!

 

Jetzt hat in Rio de Janeiro wieder ein Umweltgipfel der Vereinten Nationen begonnen, mit noch mehr als den 30.000 Teilnehmern von damals. Dass die Stadt im Mittelpunkt des weltweiten Interesses steht, ist für die Cariocas, ihre Bewohner, ein Anlass, ihr Leben heute mit dem damals zu vergleichen. Ein höchst angenehmer Anlass, denn das Leben ist für die meisten besser geworden.

Die heutige Lieblingsbeschäftigung der Cariocas – nach Fernsehen und Fußball natürlich – war damals ein höchst exklusives, für 31.700 Menschen reserviertes Vergnügen: Mit ihrem Handy spielen. Das waren damals noch „Funktelefone“ – schwer, unhandlich und furchtbar teuer. Heute gibt es im Großraum Rio über 17 Millionen „celulares“.

Das Beste ist natürlich die Mordrate. Die ist auf 23 pro 100.000 Einwohner gesunken. Das ist zwar ungefähr 25mal mehr als in Deutschland, aber trotzdem Anlass zur Freude, denn 1992 lag sie bei 64 pro 100.000. Die Polizei ist heute in den Gebieten präsent, die damals in der Hand der Drogen-Mafia waren. Angeblich haben 300 000 kleine und größere ihrer Helfershelfer dem Handel mit Kokain und Crack den Rücken gekehrt.

Damals herrschte Hochinflation. Niemand hatte und niemand akzeptierte Kreditkarten; heute zahlen die Leute schon eine Dose Coca-Cola mit Plastik. Die Stadt Rio hatte 1992 einen Jahresetat von 7,5 Trillionen Cruzeiros, was, umgerechnet in die heutige, stabile Währung, ungefähr 40 Prozent des Haushalts 2012 waren. Und so instabil wie in der Wirtschaft ging es auch in der Politik zu: Ein paar Monate nach dem Gipfel kam Präsident Collor durch Rücktritt einem Impeachment-Verfahren wegen Korruption zuvor.

Letzte Woche habe ich einen Techniker des Umweltschutzamtes gesprochen, der Wasserproben aus der ziemlich verdreckten Bucht vor Rio holt und ins Labor bringt. Ob noch Fische in der Bucht seien, habe ich ihn gefragt. „Ja, viele“, hat er geantwortet und selber dabei gestaunt, „unglaublich, was sie für ein riesiges Selbsterhaltungspotenzial haben!“

Das scheint nicht nur für Brasiliens Fische zu gelten.