Die Bilanz des Rio-Prozesses, der die Welt lebenswert erhalten soll, sieht nicht besonders gut aus. Trotzdem hoffen viele auf einen Erfolg.

Rio de Janeiro - Auch jetzt im brasilianischen Winter hört man unentwegt das Kreischen der grünen Papageien-Geschwader am Himmel, aber viel lauter noch ertönen die Unkenrufe. Die größte Umwelt-Konferenz in der Geschichte der Vereinten Nationen wird ein Erfolg, wiederholen die Verantwortlichen wie ein Mantra. Das zu bezweifeln gehört nicht nur unter den Journalisten geradezu zum guten Ton.

 

Sha Zukang, der Generalsekretär der Rio+20-Konferenz, hat der Presse kurz erläutert, wie es eine Woche vor Anreise der Großkopferten zugeht: Die Vorverhandlungen über das Dokument, das die Staatschefs Ende nächster Woche absegnen sollen, waren zunächst „challenging“, also herausfordernd, dann wurden sie „encouraging“, ermutigend, und jetzt ist „a marathon of fine-tuning“, also ein Dauerlauf der Feinabstimmung nötig. Für die, die sich unter all dem nichts vorstellen können, hat Sha Zukang noch verraten, dass für die fünf Kapitel des Resolutionsentwurfs zwei Arbeitsgruppen gebildet wurden, wobei die erste in drei Unter-Arbeitsgruppen die Punkte 4 und 5 behandelt, während die zweite in zwei Unter-Arbeitsgruppen die Punkte 1 bis 3 behandelt, denn „die Zeit ist kostbar“. Tja, soll man da wirklich optimistisch sein?

Was die Rio+20-Konferenz nicht bezweckt, sind neue Verträge. Es geht nur um die Formulierung „erreichbarer Ziele“, wie Sha sagt – wobei man vielleicht das Wort „nur“ in Anführungsstriche setzen sollte. Denn genau daran hakt es seit zwanzig Jahren: Damals wurden in Rio Dokumente und Verträge ausgehandelt und unterzeichnet – die Agenda 21, die Biodiversitäts-, die Wüsten-, die Klima-Konvention – , die zwar alle als wichtige Meilensteine der internationalen Umweltschutz-Politik gelten, die aber nicht oder nur unvollständig verwirklicht wurden. Der zweite der fünf Punkte, um die jetzt im Vorfeld gefeilscht wird, trägt die Überschrift „Erneuerung der politischen Verpflichtung“.

Vielleicht wäre die Öffentlichkeit eher bereit, an einen Erfolg der Konferenz zu glauben, wenn es um ein neues Vertragswerk ginge; das wäre sicher ein eingängigeres Ziel als die allgemein beschworene Verpflichtung, jetzt das längst Beschlossene zu verwirklichen. Brasiliens Chef-Unterhändler Luiz Machado Figueiredo, der schon 1992 mit dabei war, sagt es blumiger als der Chinese Sha: „All die Träume, die wir damals hatten, träumen wir auch heute noch.“ Das ist immerhin eine hübsche Formulierung für die Fehlschläge der vergangenen zwanzig Jahre.