Anke Engelke spielt in dem ARD-Film „Tödliche Geheimnisse“ die Chefredakteurin eines Politmagazins. Im Interview erzählt sie von ihrem skurrilen Weg ins komische Fach vor 20 Jahren und von ihrer Rolle in dem Politthriller über TTIP.

Berlin - Sie gilt seit Jahren als Deutschlands Comedyqueen: Anke Engelke. In dem ARD-Film „Tödliche Geheimnisse“ am 5.11. (20.15 Uhr) zeigt sich die Entertainerin nun aber von einer völlig anderen Seite. Die 50-Jährige spielt in dem prominent besetzten Drama die Chefredakteurin eines Politmagazins, die ihre Kollegin Rommy (Nina Kunzendorf) auf ein Interview mit einem Whistleblower ansetzt: Es geht um das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP und um einen mächtigen Konzern, der das geplante Abkommen für dubiose Zwecke nutzen will. Anke Engelke kam 1965 im kanadischen Montreal zur Welt und zog 1971 mit ihrer Familie nach Rösrath bei Köln. Viele Jahre lang präsentierte sie Beiträge im Radio und im ZDF-Kinderfernsehen, der große Durchbruch kam 1996 mit der populären Comedysendung „Sat.1 Wochenshow“. Es folgten Kinofilme und Erfolgsformate wie die Sketchreihe „Ladykracher“, bis vor kurzem moderierte Engelke die Personalityshow „Anke hat Zeit“ im WDR. Seit einigen Jahren ist das Multitalent die Synchronstimme der Trickfigur Marge Simpson, sie arbeitet als Gastdozentin an der Kunsthochschule Köln und ist oft im Kino zu sehen, zuletzt unter anderem in Sönke Wortmanns „Frau Müller muss weg!“. Anke Engelke hat drei Kinder und lebt in Köln.

 
Frau Engelke, Sie spielen eine Hauptrolle in dem Whistleblower-Drama „Tödliche Geheimnisse“ über das Freihandelsabkommen TTIP, ein politisch hochumstrittenes Thema. Sind Sie ein politisch engagierter Mensch?
Gegenfrage: Wenn ich ein unpolitischer Mensch wäre, würde ich meine Rolle dann anders spielen? Ich glaube nicht. Wenn man mir die Rolle des Jesus von Nazareth anbieten würde, dann würde ich mir überlegen: Wie ist das Drehbuch, wie ist die Figur? Dass ich selber kein religiöser Mensch bin, würde keine Rolle spielen. Für mich ist die persönliche Haltung eines Schauspielers sekundär – wir spielen. Wir tun so als ob.
Was hat Sie denn daran gereizt, in dem Thriller die Chefredakteurin eines Wochenmagazins zu spielen?
Vieles. Rolle, Buch, Stab, Besetzung. Auch, dass es ganz weit weg ist von mir, eine Chefposition einzunehmen, in diesem Fall die einer Chefredakteurin. Das entspricht so gar nicht meinem Wesen, eigenverantwortlich ein Team zu führen. Ich habe mich für die Figur interessiert, für ihren Job, habe recherchiert, konnte in einer Redaktion eine Weile lang mitlaufen. Das hat mir sehr geholfen, weil ich mich beim Berufsbild Wochenmagazin gar nicht auskannte.
Aber Sie haben doch selber eine journalistische Vergangenheit, immerhin haben Sie zu Beginn Ihrer Karriere bei einem Radiosender eine Redakteursausbildung absolviert…
Stimmt, der Journalismus spielt eine wichtige Rolle in meinem Werdegang, weil ich zwölf Jahre lang beim Südwestfunk war, deshalb kenne ich die eine Seite des Jobs. Dann hat sich das Blatt aber irgendwann gedreht und ich war meistens die Befragte und nicht mehr die Fragende, obwohl ich sehr gerne Fragen stelle. Insofern kenne ich beide Seiten, und ich konnte das für den Film auf jeden Fall nutzen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Journalisten?
Ich habe im Rahmen der Dreharbeiten und in der Vorbereitung oft gedacht, dass ich mich gar nicht oft genug darüber freue, dass wir in Deutschland die Möglichkeit haben, jeden Tag ein Dutzend guter Tageszeitungen zu lesen. Ich bin wirklich die letzte, die schimpft. Keine Frage, es gibt auch viel Müll, aber wenn wir wollen, können wir uns gut informieren, wir können uns ein Bild machen von Themen wie TTIP, und das verdanken wir einem Journalismus auf hohem Niveau in Deutschland.
Hat der Film Ihnen persönlich etwas gebracht?
Ganz viel. Ich hatte sowieso im Vorfeld zum Thema TTIP recherchiert, wie das in welchen Zeitungen verhandelt wird. Zusätzlich knallte mitten in unsere Drehzeit die Aktion von Greenpeace, die einen Glascontainer ans Brandenburger Tor gestellt haben und Teile der TTIP-Verträge geleakt haben, die konnte man dort einsehen. Wir haben spontan entschieden, dass ich mit einem kleinen Drehteam dorthin gehe, um in den Unterlagen zu lesen – in meiner Rolle als Journalistin, aber automatisch saß da ja die private Anke Engelke. Das war ein Bonus, ich weiß nicht, ob ich mich sonst dazu aufgerafft hätte. Ob ich die Möglichkeit genutzt hätte, mal nicht auf die da oben zu schimpfen, sondern selbst Einblick zu haben in ein komplett sperriges Thema, das die ganze Welt betrifft.
Sind Sie für oder gegen das TTIP-Abkommen?
Meine persönliche Meinung hat mit dem Film nichts zu tun. Ich kann nur sagen, dass es gut ist, wenn man für die Dinge, die einem wichtig sind, für das eigene Leben und für die Zukunft der folgenden Generationen, auf die Straße geht. Nicht nur gut, sondern wichtig. Natürlich muss man sich engagieren.
„Tödliche Geheimnisse“ ist ein sehr ernster Film – das ist man von Ihnen kaum gewohnt…
Ah, reden wir jetzt über Genres? „Tödliche Geheimnisse“ hat mich manchmal an den Film „Liebesluder“ von Detlev Buck erinnert, da habe ich vor 16 Jahren mitgespielt. Meine Rolle war sauinteressant, eine extrem pointenfreie Figur, da wurde auch nicht gelacht. Aber ich habe mich sowieso noch nie auf das Genre Komödie reduziert, weil ich ja gar nicht vom Standup oder von der Bühne komme, sondern eher aus dem Bereich Moderation und Journalismus. Ich habe mich schon immer für Sprache interessiert, habe ein Lehramt-Studium angefangen und das nur abgebrochen, weil ich so viel in Baden-Baden gearbeitet habe. Beim SWR habe ich Kultursendungen gemacht, lange bevor ich komische Dinge im Fernsehen getan habe. Ich war anfangs gar nicht lustig.
Distanzieren Sie sich etwa von den vielen lustigen Sachen, die Sie in den vergangenen Jahren fürs Fernsehen gemacht haben?
Auf keinen Fall, das ist doch wohl das Beste, was mir im Berufsleben passiert ist, und ich freue mich über jede Komödie, die als Drehbuch bei mir im Briefkasten landet. Aber mein Weg ins komische Fach ist ja wirklich skurril: Bei der „Wochenshow“ bin ich vor genau 20 Jahren nicht als Schauspielerin eingestellt worden, sondern als Nachrichtensprecherin. Der Produzent hat mich damals geholt, weil er wusste, dass ich aus der Welt der Nachrichten komme, Meldungen in Journalistendeutsch umschreiben und vom Teleprompter ablesen kann, ohne zu schielen. Für die Sketche war ich anfangs nicht als Lachgranate vorgesehen.
Viele Leute bringen Sie immer noch mit früheren Fernseherfolgen wie „Ladykracher“ in Verbindung, aktuell sieht man Sie viel in Filmen. Gibt es einen Weg zurück zu den Sketchen?
Aber der Weg führte doch nie weg. Für mich ist dieser Beruf viel zu funkelnd, um irgendetwas auszuschließen. Ob Sketch, Moderation, Komödie, Drama, Reportage, Hörbuch oder Synchron, mir alles lieb. Genrestempel sind mir schnurz, aber inhaltlich muss ich andocken können. Dann lehnt man auch mal eine Hauptrolle in einer großen internationalen Produktion ab, wenn der Stoff einen nicht berührt.
Also gibt es kein System, keinen Plan, wonach Sie sich künftig ganz auf ernsthafte Rollen verlegen?
Nein, das einzige System ist: Spielen, spielen, spielen.