Zwei Veranstaltungen im Komma beschäftigen sich im November mit Judenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Damit soll auch die stadtgesellschaftliche Diskussion über Rechtsextremismus in Esslingen gefördert werden, an der es laut dem Leiter der Einrichtung fehlt.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Esslingen - Es gibt meines Erachtens in Esslingen keine stadtgesellschaftliche Diskussion über Rechtsextremismus. Das wollen wir ändern“, sagt Amos Heuss, der Leiter des Jugend- und Kulturzentrums Komma. Das ist nicht erst seit dem rassistischen und antisemitisch motivierten Angriff mit zwei Todesopfern und mehreren Verletzten in Halle vor wenigen Wochen ein erklärtes Ziel des Komma.

 

Der Vorfall zeigt jedoch in dramatischem Ausmaß, dass Hass und Gewalt gegen Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln und Glaubensrichtungen in Deutschland nicht der Vergangenheit angehören. Der Vorfall in Halle ist laut Heuss nicht der Grund für die Veranstaltungen. „Aber das ist natürlich der Kontext. Die beiden Veranstaltungen im November haben damit zu tun, dass das keine neuen Phänomene sind. Sie sind jedoch dringender denn je – sowohl gesellschaftlich als auch pädagogisch – zu verhandeln. Da sehen wir uns als Komma in der Verantwortung und wollen einen Dialog anstoßen“, sagt Heuss.

Antisemitismus im Hip-Hop

Die Jugend- und Kultureinrichtung setzt auf politische Bildung und will seit 2014 mit der preisgekrönten Reihe „Youth against Antisemitism“ über Judenfeindlichkeit aufklären. Ende des Monats gibt es dazu wieder eine Diskussion und Denkanstöße im passenden Rahmen. „Die Idee für Youth against Antisemitism ist es, sich aus eher vernachlässigten Perspektiven, wie aus dem Bereich der Popkultur und dem Antisemitismus in manchen linken Szenen, anzunähern. Dieses Jahr machen wir das erneut aus dem Bereich Hip-Hop. Man findet in vielen Bereichen der Popkultur Antisemitismus. Auch im Hip-Hop gibt es klare antisemitische Aussagen von berühmten Rappern. Wir werfen einen kritischen Blick darauf und wollen damit ein jüngeres Publikum ansprechen.“ Das funktioniere gut in Verbindung mit einem Event, so Heuss. An dem Abend wird der Wissenschaftler Jakob Baier zum Thema Antisemitismus im Hip-Hop sprechen. Baier forscht an der Justus-Liebig-Universität Gießen im Rahmen seiner Dissertation zum Judenbild im deutschsprachigen Rap. Die Berliner Rapperin Haszcara gibt im Anschluss ein Konzert.

Spotlight auf die Betroffenenperspektive

Bereits am kommenden Samstag findet eine Bühnenrevue des bundesweiten Aktionsbündnisses „NSU-Komplex auflösen“ statt. Die Organisatoren verstehen den NSU-Komplex als Ergebnis eines strukturellen Rassismus und geben mit ihren Auftritten Einblicke in die Erfahrungen von Opfern des NSU. Die Berichte der Betroffenen und Angehörigen stehen im Mittelpunkt. Heuss: „Die Perspektive der Betroffenen wird zu oft nicht sichtbar gemacht. Die Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus muss viel offensiver werden, auch hier in Esslingen“, so der Leiter des Komma. In der Stadt gebe es seiner Meinung nach gut funktionierende Verdrängungsmechanismen, wie eine Erfahrung Anfang des Jahres gezeigt habe: „Wenn da etwa Plakate für die Internationalen Wochen gegen Rassismus beschädigt, verschandelt oder mutwillig abgerissen werden, passiert hier sehr wenig. Woanders gebe es wahrscheinlich einen Aufschrei.“

Termine
Am 9. November, um 19.30 Uhr kommt das NSU-Tribünal ins Komma. Am 30. November ab 19.30 Uhr findet Youth against Antisemitism statt. Komma, Maillestraße 5-9, Esslingen, Telefon 07 11/3 51 79 06.