Reportage: Robin Szuttor (szu)

"Höllenwoche", das heißt 180 Kilometer Marsch in fünf Tagen, volle Montur plus Extralasten auf dem Buckel, immer wieder Sonderaufgaben, permanenter Schlafmangel, äußerst spärliche Verpflegung. Ein Arzt und ein Psychologe sind ständig dabei. Manche werden aggressiv, wenn sie an ihre Grenzen kommen - und da kommt jeder hin. "Wer die Nerven verliert, scheidet sofort aus, ohne Diskussion", sagt der KSK-Presseoffizier Cornelius von Lepel. In Extremsituationen muss ein Kommandosoldat cool bleiben. Und im Bruchteil einer Sekunde erkennen: Wer ist Feind, wer Freund? "Intuitives Schießen", nennt es Cornelius von Lepel. Der Waffengebrauch soll so automatisiert werden wie beim Normalbürger das Autofahren.

In der Calwer Zeppelinkaserne steht eine der modernsten Schießanlagen überhaupt. Hier wird Häuserkampf trainiert, zur Stresssteigerung begleitet von panischem Geschrei aus Lautsprechern. Mit Puppen, die bei Wirkungstreffern zusammensacken wie Menschen. Der Grundriss jeder deutschen Botschaft weltweit kann hier nachgestellt werden. Bei Übungen anderer Bundeswehrverbände darf aus Sicherheitsgründen im 60-Grad-Winkel um den Gewehrlauf niemand im Schussfeld stehen. Bei der KSK: vier Grad. Um diese Präzision aufrechtzuerhalten, muss ständig trainiert werden. Nur über diesem Übungstag liegt eine große Ruhe.

Nebel über Penzing. 10.30 Uhr. Der Start wird verschoben. Die Soldaten legen sich wieder zurück auf ihre Rucksäcke oder unterhalten sich dezent, ein paar rauchen draußen auf der Laderampe. Sie sind zwischen Mitte zwanzig und Ende dreißig. Große Schlanke, kleine Drahtige, fast keine Muskelprotze. Manche sind schon leicht ergraut, manche tragen Bart, manche einen Ehering, alle tragen imposante Uhren.

 

Wenn einer eine Frau kennenlernt, stellt er sich als Zeitsoldat vor

 

Josef ist 31 Jahre, hat stahlblaue Augen, blonde kurze Locken und nicht gerade die Figur eines Topathleten. Als er sich nach dem Abitur zunächst für zwei Jahre bei der Bundeswehr verpflichtete, nahm er gleich die KSK-Broschüre mit. "Das war immer mein Traum", sagt er. Er wurde wahr. "Früher dachte ich, das müssen alles Supermänner sein, aber das ist nicht so." Bei der Höllenwoche seien viele ausgestiegen, die körperlich viel mehr draufhatten als er. "Bei denen hat aber der Kopf blockiert."

Bei ihm blockiert nichts. Auch nicht, wenn er nach einem Tagesmarsch völlig entkräftet sein Quartier aufschlagen will, dann aber erst noch eine Brücke bauen soll. Oder wenn sich nach einer Stunde süßen Schlafes wieder irgendwelche marodierenden Partisanen nähern. "Das Adrenalin macht einen schnell wach." Warum das alles? Patriotismus spiele schon eine Rolle, sagt Josef, aber auch die Abenteuerlust.