Viele Menschen kämpfen mit Minijobs ums finanzielle Überleben. Wer aber darauf hinweist, dass manche Nebenjobs annehmen, um ihren Geldbeutel aufzufrischen, beschreibt nur die Realität.

Stuttgart - Es gibt Menschen, die in Deutschland nicht vom Lohn ihres Vollzeitjobs leben können. Wer etwas Gegenteiliges behauptet, verkennt die Realitäten oder lügt bewusst. Nachdem diese Beschäftigten den Rechner im Büro heruntergefahren, die Ladentür zugesperrt oder die Arbeitskleidung in den Spind gehängt haben, können sie es sich nicht daheim auf dem Sofa bequem machen, ihre Einkäufe erledigen oder die Kinder aus der Kita abholen. Sie steuern stattdessen ihre zweite Arbeitsstätte an, um noch einmal ein paar Stunden einer Nebentätigkeit nachzugehen. Ihre Motive sind nur wenig wissenschaftlich untersucht, fest steht aber, dass sich die meisten im Bereich des Handels und im Dienstleistungssektor bewegen. Sie jobben als Gebäudereiniger, Verkäufer, Zeitungsausträger oder Kellner. Es liegt auf der Hand, dass viele von ihnen auf das Zubrot angewiesen sind, damit sie die jüngste Mieterhöhung ihrer Stadtwohnung oder die schon wieder gestiegene Stromrechnung noch verkraften können.

 

Viele Arbeitgeber haben ein nachvollziehbares Interesse an den Minijobbern. Die Firmen können sie flexibel einplanen und ohne größere bürokratische Hürden einsetzen oder eben nicht einsetzen, etwa wenn die Biergärten bei schlechtem Wetter wochenlang leer bleiben. Doch auch die Minijobber selbst, die Rede ist wohlgemerkt von denen mit sozialversicherungspflichtigem Hauptjob, üben ihre Nebentätigkeit nicht ausschließlich aus, weil sie es müssen – also aus finanzieller Not. Sie tun es auch, weil sie etwas hinzuverdienen können, ohne dass ihr steuerpflichtiges Einkommen davon berührt wird. Die rot-grüne Bundesregierung hat im April 2003 mit Hartz II steuer- und abgabenfreie Nebentätigkeiten erleichtert.

Und selbstverständlich gibt es auch die Fälle, in denen die Nebenjobber die Früchte ihrer Arbeit wieder in den Wirtschaftskreislauf einbringen. Die Formulierung einer Sprecherin des Arbeitsministeriums mag salopp gewesen sein, die eine „gestiegene Konsumlust“ als mögliches Motiv für die Mehrarbeit ins Feld führte. Doch im Kern hat sie recht. Es ist doch nachvollziehbar, wenn sich eine Familie eine schöne Urlaubsreise leisten will, wenn Eltern ihren Kindern etwas Gutes tun wollen oder jemand sich ab und an mit einem guten Essen oder neuer Kleidung für die eigene Leistung belohnt.