Es klingt paradox: Ob die Start-up Autobahn die Innovationskultur bei Daimler verändert, hängt eher an den Dingen, die nicht gelingen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Innovationen voranzutreiben ist Chefsache. Ohne Impulse und manchmal Druck von oben lassen sich Abläufe, Mentalitäten und Bürokratien nicht verändern. Dass Daimler mit der „Start-up Autobahn“ das wohl bisher internationalste und ambitionierteste Projekt zum Thema Kooperation mit Start-ups gestartet hat, ist nicht nur ein Signal nach außen, sondern auch eines nach innen.

 

Dass Konzernchef Dieter Zetsche die Eröffnungsrede für die Start-up Autobahn gehalten hat, hat weniger Symbolwert als die Tatsache, dass er sich auch als Mentor auf die Liste setzen ließ. Diese Start-up-Begleiter müssen ihre Kompetenz mit einbringen – und Zeit investieren. Wie viel wird man erst nach der mehrmonatigen Phase wissen, in der ein solcher Mentor sein adoptiertes Start-up mit von der Rampe bringen soll. Vieles an dem Daimler-Projekt ist ein Experiment. Dazu gehört auch die Partnerschaft mit einem renommierten US-Unternehmen. Das agiert nicht nur als Investor, sondern auch – salopp formuliert – als Einpeitscher und ist von einer anderen Kultur geprägt als die Entwicklungsabteilung eines Autokonzerns. Reibungspunkte sind programmiert.

Trotz der strikten Auswahl und der guten Rahmenbedingungen, etwa durch das Andocken an ein Forschungszentrum an der Uni Stuttgart, sind Erfolge nicht garantiert. Doch genau diese Chance zum konstruktiven Scheitern macht das Wesen der neuen Innovationskultur aus. Dass die Verantwortlichen von Daimler nicht für jedes Detail des Konzepts schon jetzt eine endgültige Antwort haben, ist eine Stärke und keine Schwäche. Für schwäbische Perfektionisten ist das aber ungewohnt. Wie ernst es Daimler mit neuen Wegen ist, wird nicht daran zu messen sein, welche Erfolgsgeschichten in ein paar Monaten erzählt werden. Der Lackmustest wird sein, wie man mit Misserfolgen umgeht.

andreas.geldner@stzn.de