Die Polygocard ist zweifelsohne ein Fortschritt – und ihr Einsatz wird im VVS offenbar nicht zum Datensammeln missbraucht. Doch Transparenz und Kontrolle sind unumgänglich, meint Redakteur Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Genau 25 Millionen Euro Kosten, rund eine halbe Million Nutzer – auch wenn es nur eine kleine Karte ist, die Polygocard stellt für den VVS und die Verkehrsunternehmen in der Region ein Großprojekt dar. Und wenn man die Dimensionen betrachtet, ist die Einführung bisher zwar nicht reibungslos erfolgt, aber doch mit vertretbaren Kinderkrankheiten. Die Vorteile des E-Tickets gegenüber dem alten Verbundpass sind offenkundig: einfachere Handhabung, Sperrung bei Verlust oder Diebstahl, Erweiterung auf zusätzliche Mobilitätsdienstleistungen vom Carsharing über Mieträder bis zum Parkraummanagement. Und irgendwann einmal könnte daraus eine vielfach einsetzbare Bürgerkarte für Stuttgart und die Region werden.

 

Doch mit jeder Anwendung – und sei es nur als elektronischer Verbundpass – besteht die Gefahr, dass der Nutzer Datenspuren hinterlässt, die von anderen ge- und missbraucht werden können. Eine Datenkrake, die Nutzerinformationen unbeschränkt sammelt und weitergibt, ist die Polygocard aber nicht.

Die Angaben des VVS und die Beobachtungen des kritischen Internetportals S-Bahn-Chaos stimmen nämlich insoweit überein, dass nur in Fahrzeugen der Bahntochter Regiobus Stuttgart (RBS) standardmäßig bis zu zehn Fahrdaten, und auch dann nur beim Einsteigen, gespeichert werden. Doch selbst damit lässt sich kein Bewegungsprofil des Nutzers erstellen, zumal dessen persönliche Daten – anders als bei einem papierenen Verbundausweis – verschlüsselt sind.

Bei allen anderen Fahrten in S- und Stadtbahnen und in Bussen der SSB und anderer Verkehrsbetriebe findet offenbar keine Speicherung statt. Das ist zunächst ein beruhigender Befund. Dennoch ist es unerlässlich, dass der VVS das E-Ticket-System transparent darstellt und auch vor etwaigem Missbrauch warnt. Und genauso wichtig ist es, dass er sich der Diskussion mit den Kritikern stellt, die zu Recht einen prüfenden Blick auf das System werfen, um Schwachstellen aufzuspüren, die dem normalen Nutzer verborgen bleiben. Beides dient der Akzeptanz der Polygocard mehr als unkritische Begeisterung oder unsachliche Verteufelung.