Die Beweise sind massiv: Im russischen Sport wird nicht nur systematisch gedopt, sondern auch noch auf andere Art und Weise perfide betrogen. Das muss Konsequenzen haben, sagt unser Kommentator

Stuttgart - s gibt Experten, die sich seit Jahren mit dem Thema Doping beschäftigen und der festen Meinung sind: Uns kann nichts mehr überraschen! Von wegen: Was rund um die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi passiert ist, dürfte selbst das Vorstellungsvermögen intimster Kenner übersteigen. Bisher stand Russland wegen seines staatlich gesteuerten Dopingsystems am Pranger. Doch nun geht es um einen noch perfideren Betrug. In Sotschi räumten gedopte russische Athleten die Medaillen ab, und hinterher sorgte der Geheimdienst dafür, dass ihre positiven Proben ausgetauscht wurden und die Sieger als sauber galten. Während die Russen im Glanz ihrer Medaillen in die Kameras strahlten, führten sie gleichzeitig ihre Gegner und die Öffentlichkeit auf schamlose Art und Weise hinters Licht. Was für eine Lüge!

 

Kriminelle Energie für erfolgreichen Sport

Ein derartiger Betrug ist nur im eigenen Land möglich. Aber er zeigt die kriminelle Energie, die in Russland darauf verwendet wird, um im Sport erfolgreich zu sein. Das kann sich das Internationale Olympische Komitee, das stets betont, saubere Athleten schützen zu wollen, nicht bieten lassen – es muss ein Exempel statuieren. Zwar ging es damals um Wintersportler, aber Sotschi ist nur ein weiterer Beweis dafür, dass der komplette russische Sport verseucht ist – zumal die Methode offenbar nicht nur während der Spiele 2014 angewendet wurde. Deshalb müssen alle Athleten der Sport-Weltmacht von Rio ausgeschlossen werden. Klar trifft es dann auch einige Unschuldige, aber viele werden es nicht sein.

Für diese These spricht, dass es außer Dopingkronzeugin Julia Stepanowa keine russischen Sportler gibt, die sich dem betrügerischen System entzogen oder dagegen aufbegehrt haben. Sie machten zumindest stillschweigend mit. Deshalb sollten sie jetzt nicht mehr mitmachen dürfen – beim Größten, das es für einen Sportler gibt: Olympische Spiele. Trotzdem werden in Rio noch etliche Dopingsünder starten. Doch sie wissen jetzt: Die Zeiten, als der Kampf gegen Doping propagiert wurde, aber nichts Ernsthaftes passierte, sind vorbei.

jochen.klingovsky@stzn.de