Der Korruptionsprozess gegen den früheren chinesischen Polit-Star Bo Xilai zeigt, dass Premier Xi Jingping den Kampf gegen die korrupte Kaste seines Landes ernst nimmt. Doch es könnte ein Kampf gegen Windmühlen werden.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Peking - Ein einzelnes Schwälblein ist ja bekanntlich noch kein Garant für den Beginn der heißen Jahreszeit. Dass sich der in Ungnade gefallene frühere chinesische Politstar Bo Xilai nun vor der Justiz des Landes wegen Korruption und Machtmissbrauch zu verantworten hat, muss für sich genommen also nicht bedeuten, dass es die neue Parteiführung ernst meint, mit ihrem lautstark ausgerufenen Kampf gegen Korruption. Zumal gerade im Fall des ehemaligen Parteichefs der Millionenmetropole Chongqing parteiinterne Ränkespiele nicht von der Hand zu weisen sind. Allerdings: die Anzeichen mehren sich, dass Staatschef Xi Jinping bereit ist zum Kampf gegen „Tiger und Fliegen“.

 

Die blumigen Worte des Präsidenten sollen zeigen, dass Xi der Korruption im Großen wie im Kleinen entgegentreten will. Nun hat es an blumigen Worten in China noch nie gemangelt, inzwischen folgen denen aber vermehrt auch Taten. Schon im Mai hatte es einen weiteren „Tiger“ erwischt. Der Vizechef der höchsten Wirtschaftsplanungsbehörde ist wegen Korruptionsvorwürfen entlassen worden. Aufgedeckt wurde dies von einem Journalisten in seinem Blog. Im Juni hatte der neue Präsident dann die Granden des Politbüros um sich geschart, um ihnen in nie da gewesener Deutlichkeit die Leviten zu lesen, um an ihre Vorbildfunktion zu erinnern und anzumahnen, dass die Führer der Partei auch ihre Familien im Zaum zu halten haben. Oft sind es in China die Angehörigen wichtiger Politiker, die ihre Nähe zur Macht schamlos ausnutzen.

Die Provinzfürsten füllen sich die eigenen Taschen

Und es ging munter weiter. Anfang des Monats wurde der ehemalige Eisenbahnminister wegen Korruption und Amtsmissbrauch zum Tode verurteilt, der Missbrauch von Militärkennzeichen gebrandmarkt, und zu Beginn der Woche ist ein Verbot zum Neubau prachtvoller Regierungsgebäude in Kraft getreten. Vor allem in der Provinz hatten es die kommunalen Größen allzu doll getrieben, sich Rathäuser und Parteizentralen in Form und Stil des Weißen Hauses gegönnt. Beim Bau wurden die eigenen Taschen gefüllt – und die eigenen Konten in der Fremde: Etwa 120 Milliarden Euro haben korrupte Kader im vergangenen Jahr außer Landes geschafft – schätzt die chinesische Zentralbank.