Bosch verkauft seine Solarsparte an Solarworld. Der Handel mit dem schillernden Solarworld-Chef zeigt das große Dilemma, in dem der Stuttgarter Konzern steckte – meint die StZ-Redakteurin Inge Nowak.

Stuttgart - Unterschiedlicher könnten die beiden Handelnden kaum sein. Auf der einen Seite der ruhige, eher zurückhaltende, analytisch denkende Physiker und Bosch-Chef Volkmar Denner, der bei jeder Gelegenheit an die Werte von Robert Bosch erinnert. Auf der anderen Seite der umtriebige, stets optimistische Frank Asbeck, Chef und Gründer von Solarworld. Er ist eine schillernde Figur, fährt Maserati, besitzt ein Schloss und wollte auch schon mal Opel kaufen. All dies hat ihm den Spitznamen Sonnenkönig eingetragen. Diese beiden Charaktere, die so gar nicht zueinander passen wollen, sind sich nun handelseinig geworden. Asbeck übernimmt große Teile des verlustreichen Bosch-Solargeschäfts im thüringischen Arnstadt. Auch wenn der Name des Käufers seit Wochen gehandelt wird, so kommt die Entscheidung doch überraschend.

 

Solarworld hat sich selbst früh ins Spiel gebracht. Nur wenige Tage nachdem Bosch im März seinen Ausstieg aus der verlustreichen Fotovoltaik verkündet hatte, meldete Asbeck sein Interesse bereits an. Bezahlen wolle er aber nichts dafür, verkündete er vollmundig. Jetzt hat Asbeck sein Ziel erreicht. Die Übernahme reduziere die Finanzmittel nicht, verkündet der Chef von Solarworld. Dies spricht für eine ansehnliche Mitgift aus Stuttgart.

Die großen Konkurrenten sitzen in Asien

Leicht ist Bosch das Ja zu Solarworld sicherlich nicht gefallen. Das zeigt sich schon allein daran, dass sich die Stuttgarter acht Monate Zeit gelassen haben für eine Entscheidung, die sie eigentlich gleich hätten haben können. Doch es fehlten ihnen wohl die Alternativen. Welcher Hersteller bindet sich angesichts der Marktlage – die Nachfrage in Deutschland ist zusammengebrochen – schon zusätzliche Produktionskapazitäten ans Bein? Zudem sitzen die großen Konkurrenten in Asien. Doch mit einem Verkauf gen Fernost hätte sich Bosch dem Vorwurf ausgesetzt, Totengräber der einstigen Zukunftsbranche zu sein. Hinzu kommt, dass Bosch einen zweiten Fall Ben-Q vermeiden wollte. Der taiwanesische Technologiekonzern hatte Mitte des vergangenen Jahrzehnts das Handy-Geschäft von Siemens gekauft, ausgeschlachtet und die Beschäftigten auf die Straße gesetzt.

Die Lösung, die Bosch, das die soziale Verantwortung für Mitarbeiter stets hervorgehoben hat, jetzt präsentiert hat, zeigt vor allem die Bredouille, in welcher der Konzern steckte. Der Ausflug in die Fotovoltaik hat ihm Verluste in Milliardenhöhe beschert. Weitere gigantische Verluste kann sich selbst ein so solide dastehendes Unternehmen wie Bosch nicht leisten. Denn auch das Kraftfahrzeuggeschäft steht vor Herausforderungen – Stichwort Elektrifizierung –, die (finanzielle) Kapazitäten erfordern. Deshalb war die Notbremse bei Bosch-Solar folgerichtig.

Zwei fußkranke Unternehmen

Dass die Schließung vermieden wird, spricht für Bosch. Doch eine überzeugende Lösung stellt man sich anders vor. Bosch Solar schreibt hohe Verluste, Solarworld konnte sich nur dank einer Geldspritze aus dem Emirat Katar und der weitgehenden Enteignung der Alt-Eigentümer im Sommer vor der Pleite retten. Die Restrukturierung ist noch nicht ganz umgesetzt. Beide Unternehmen sind also (gelinde gesagt) angeschlagen – aber aus zwei Fußkranken wird kein Sprinter werden. Zugegeben, Solarworld schließt nun auf zu den Großen der Solarwelt, und Größe ist in der Fotovoltaik wichtig, um die Kosten zu senken. Aber: Größe ist nicht alles, wie man in China sehen kann. Dort stecken Konkurrenten, die noch größer sind als die neue Solarworld, tief in der Krise.

Kein Wunder also, dass die Bosch-Mitarbeiter in Arnstadt nicht gerade begeistert auf den jetzt gefundenen „Bosch-Weg“ reagieren. Solarworld übernimmt einen Teil der Belegschaft. Ob Asbeck ihnen wirklich eine Perspektive bieten kann, ist fraglich. Als strahlender Retter werden ihn die Menschen in Thüringen kaum empfangen.