Die Übernahme des Stuttgarter Pharma-Händlers Celesio ist gescheitert. Doch die Spekulationen um die Zukunft des Unternehmens gehen weiter – und das schadet dem Geschäft, kritisiert der StZ-Redakteur Werner Ludwig.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Unruhige Zeiten sind die Mitarbeiter von Celesio gewohnt. Seit dem Abgang des langjährigen Chefs Fritz Oesterle im Jahr 2011 geht es bei dem Stuttgarter Pharmahändler drunter und drüber: Tochterfirmen wurden verkauft, Vorstände wechselten beinahe im Monatsrhythmus, Führungskräfte suchten das Weite. Hinzu kamen immer wieder Gerüchte über Kooperationen oder einen Verkauf von Celesio, die die Belegschaft verunsicherten. Mit der Ankündigung der Fusion mit dem US-Wettbewerber McKesson schienen die ständigen Spekulationen endlich vorüber. Doch nach dem Scheitern des Milliardendeals, bei dem sich auch der US-Hedgefonds Elliott verzockt hat, ist die alte Unsicherheit mit einem Schlag wieder da.

 

Dabei ist Celesio kein Sanierungsfall. Der Pharmahändler hat es trotz schwieriger Marktbedingungen geschafft, aus den roten Zahlen zu kommen und seine Gewinnmarge wieder auf das branchenübliche – zugegebenermaßen nicht sonderlich hohe – Niveau zu hieven. Die Einschätzung des Managements, dass Celesio eigenständig überleben kann, erscheint zumindest für die nähere Zukunft plausibel. Aus Sicht der Stuttgarter gibt es keinen Grund zur Eile bei der Suche nach Fusionspartnern. Doch der Mehrheitsaktionär Haniel dürfte sich nach der abgesagten Übernahme weiter nach einem Käufer für seine 50,01-prozentige Beteiligung umsehen, um seinen hohen Schuldenberg abbauen zu können.

Mitarbeiter und Kunden sind verunsichert

Es könnte gut sein, dass sich für den Duisburger Familienkonzern eine zweite Chance ergibt, Celesio an McKesson zu verkaufen. Auch andere US-Pharmahändler sind jetzt wieder als potenzielle Partner im Gespräch. All das klingt nicht so, als ob bei Celesio demnächst klare Verhältnisse herrschen würden. Das Unternehmen ist zum Spielball von Investoren geworden, was Mitarbeiter und Kunden verunsichert – nicht die beste Basis für wirtschaftliche Erfolge in einem Geschäft, das von langjährigen Kundenbeziehungen lebt.

Die Führungsspitzen von Celesio und McKesson hatten ihre Fusionspläne vor allem mit der größeren Einkaufsmacht eines gemeinsamen Konzerns begründet. Dahinter kann man mit Blick auf die Besonderheiten des Gesundheitsmarktes ein Fragezeichen machen. Vor allem in Europa ist das Geschäft mit verschreibungspflichtiger Arznei in vielen Ländern streng von der Politik reglementiert – teilweise bis hin zu den Preisen, zu denen Pharmaproduzenten ihre Arznei an den Großhandel verkaufen dürfen. Das setzt den möglichen Einsparungen durch größere Bestellvolumina natürliche Grenzen.

Wettbewerbsfähigkeit sichern

Hinzu kommen die großen nationalen Unterschiede auf der Vertriebsseite. So ist etwa der Betrieb eigener Apothekenketten in Deutschland verboten, aber in Großbritannien erlaubt. Und in den USA tickt der Markt ohnehin anders als in den meisten Ländern Europas. Eine zentrale Steuerung des Außendienstes ergibt da nicht viel Sinn.

Dass sich Celesio angesichts des harten Preiskampfs und wachsender Sparzwänge in den Gesundheitssystemen Gedanken um seine langfristige Wettbewerbsfähigkeit macht, ist ohne Zweifel richtig. Doch wie es aussieht, ist schiere Größe auch hier kein Allheilmittel. Und die Optimierungsmöglichkeiten im Kerngeschäft stoßen irgendwann ebenfalls an Grenzen.

Vielversprechender könnte es da schon sein, stärker in neue Gesundheits- und Logistikdienstleistungen zu investieren. Diesen Weg, den der frühere Chef Oesterle beschritten hatte, hat Celesio vor rund zwei Jahren wieder verlassen, weil Haniel die Anlaufverluste zu hoch geworden waren. Ein etwas längerer Atem hätte hier möglicherweise doch zum Erfolg geführt. Auch in der aktuellen Situation wäre es hilfreich, wenn der Großaktionär die Celesio-Oberen erst einmal in Ruhe ihre Arbeit machen lassen würde. Doch dafür fehlt Haniel wohl die Geduld – und das Geld.