Mercedes weitet sein Angebot aus, erweitert sein globales Produktionsnetzwerk und muss dafür sorgen, auch die Präsenz in den Zukunftsmärkten zu verstärken. Diese großen Herausforderungen können nicht als Nebenjob erledigt werden, meint Harry Pretzlaff.

Berlin - Der überraschende Abgang von Andreas Renschler hat die Arbeitsteilung im Daimler-Vorstand wieder in die Diskussion gebracht. Während es früher bei den Stuttgartern sowohl einen Konzernchef als auch einen „Mister Mercedes“ gab, hat Dieter Zetsche beide Aufgaben in Personalunion übernommen. Nur widerwillig hatte Renschler, wie er in einem Interview erläuterte, vor einem Jahr seinen Posten im Vorstand mit Wolfgang Bernhard getauscht. Renschler gab die Leitung der Nutzfahrzeugsparte ab und wurde Produktionschef der Autosparte, was ihm auf Dauer jedoch zu wenig war. Weil er jedoch keine Chance sah, vom Produktionschef zum „Mister Mercedes“ aufzusteigen, kehrte er Daimler den Rücken. Profitiert hat davon Volkswagen. Der Wolfsburger Konzern kann nun die reichhaltigen Erfahrungen von Renschler bei der Zusammenführung seiner Nutzfahrzeugmarken VW, MAN und Scania nutzen.

 

Die Karrierepläne eines Managers können gewiss kein Wegweiser für den Zuschnitt der Aufgaben in einem Vorstand sein, doch wirft der Abgang ein Schlaglicht auf eine Unwucht im Daimler-Vorstand. Während der Chef der Lkw-Sparte einen eigenen Teilkonzern mit mehreren Marken von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb steuert, ist der Löwenanteil der Aufgaben der Autosparte Mercedes-Benz Cars beim Vorstandsvorsitzenden des Konzerns angesiedelt. Der Posten des Mercedes-Produktionschefs ist zwar wichtig, er bewegt sich in der internen Rangordnung aber nicht auf Augenhöhe mit dem Lkw-Chef.

Auch mit Blick auf die Modelloffensive von Mercedes-Benz würde einiges dafür sprechen, die Aufgaben der Konzernführung und der Leitung der Autosparte zu trennen. Die Marke mit dem Stern weitet ihr Angebot kräftig aus, erweitert ihr globales Produktionsnetzwerk und muss dafür sorgen, auch die Präsenz in den Zukunftsmärkten zu verstärken. Diese großen Herausforderungen erfordern die volle Konzentration und können nicht als Nebenjob erledigt werden. Und auch Dieter Zetsche dürfte als Lenker eines Konzerns, der weltweit führender Premiumhersteller werden, zugleich größter Nutzfahrzeughersteller bleiben und auch bei alternativen Antrieben Spitze sein will, keineswegs unter Langeweile leiden.