Daimler hat im Jahr 2011 alle Rekorde gebrochen. Damit die Zahlen gut bleiben, müssen A- und B-Klasse profitabler werden, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Daimler-Chef Dieter Zetsche hat glänzende Zahlen vorgelegt. Gleich reihenweise sind 2011 neue Bestwerte erreicht worden. Fast könnte man vergessen, dass die Autobranche erst vor drei Jahren noch in der härtesten Krise der Nachkriegszeit steckte und auch bei Daimler Kurzarbeit gefahren wurde. Vergangenes Jahr dagegen waren die Werke voll ausgelastet, wurden Sonderschichten geleistet und wurde ein Rekordabsatz erreicht. Und dies, obwohl die Konjunktur gerade in der Heimatregion Europa alles andere als Rückenwind brachte. Es hat sich ausgezahlt, dass der Stuttgarter Konzern weltweit fest verankert ist und sowohl in Nordamerika als auch in China, wo vor allem die etwas teureren Wagen der Oberklasse stark gefragt sind, kräftig zugelegt hat. Auch für das laufende Jahr zeigt sich Daimler-Chef Zetsche bemerkenswert zuversichtlich. Obwohl die Weltkonjunktur sich abkühlt und die Risiken der ungelösten Schuldenkrise derzeit nur schwer abzuschätzen sind, sollen die Wagen von Mercedes-Benz einen neuen Absatzrekord erreichen und soll der Gewinn zumindest auf dem Rekordniveau des Vorjahres gehalten werden.

 

Daimler nutzt die volle Kasse, um massiv in grüne Zukunftstechnik zu investieren. Zudem wird viel Geld für eine Ausweitung der Modellpalette von Mercedes-Benz ausgegeben. Dies ist auch nötig, denn die Konkurrenz schläft nicht. BMW und zunehmend auch Audi setzen das Unternehmen unter Druck. BMW verkauft schon seit einiger Zeit mehr Autos als die Marke mit dem Stern, und im vergangenen Jahr hat nun auch Audi erstmals Mercedes-Benz überholt. Zwar hängt der wirtschaftliche Erfolg eines Nobelherstellers nicht so sehr von der Zahl der verkauften Wagen ab, sondern von Umsatz und Gewinn, doch lässt sich mit der Verkaufsstatistik trefflich werben, und die Nummer eins kann damit einen Imagegewinn erreichen.

Zetsches schwieriger Spagat

Daimler-Chef Zetsche hat das Ziel ausgegeben, dass Mercedes-Benz spätestens bis 2020 auch beim Absatz wieder die weltweit führende Nobelmarke werden und zugleich hochprofitabel bleiben soll. Dies ist jedoch ein schwieriger Spagat. Denn dazu muss der Autobauer auch mit kleinen Wagen gutes Geld verdienen, was ihm bisher nicht gelungen ist. Die Wagen der kompakten A- und B-Klasse, deren Angebotspalette deutlich ausgeweitet wird, sollen den stärksten Beitrag zur Expansion liefern.

In diesem Marktsegment spielt der Preis eine weitaus größere Rolle beim Kauf als etwa bei einer Luxuslimousine der S-Klasse. Daimler will die Kosten senken, indem die neuen Wagen der Kompaktklasse nicht nur wie bisher in Rastatt produziert werden, sondern auch in einer neuen Fabrik in Ungarn. Ob es gelingen wird, trotz harter Konkurrenz den geplanten deutlich höheren Absatz und zugleich gute Gewinne zu erreichen, muss sich erst noch zeigen.

Das Beste oder nichts

Noch größer dürfte die Herausforderung sein, den Verlustbringer Smart im zweiten Anlauf zu einem attraktiven und profitablen Bestseller zu machen. Um die Kosten des Kleinwagens zu senken, hat sich Daimler mit Renault-Nissan verbündet. Beide wollen den Smart und den neuen Renault Twingo gemeinsam entwickeln und produzieren. Eine Zusammenarbeit der beiden ungleichen Partner ist auch in anderen Bereichen geplant, wie etwa bei der Entwicklung eines kleinen Stadtlieferwagens von Mercedes-Benz oder bei Motoren für die in Amerika produzierten Wagen der Marke mit dem Stern.

Die Liaison des Nobelherstellers mit dem nicht gerade für Spitzenqualität bekannten Massenfabrikanten ist heikel, denn den Kostenvorteilen darf nicht der hohe Anspruch des Stuttgarter Autobauers geopfert werden. Der Daimler-Chef betont immer wieder, dass auch heute noch der Leitspruch „Das Beste oder nichts“ gelte, den einst Gottlieb Daimler prägte. Daran muss sich Zetsche messen lassen.