Tiefer geht es nicht? Nicht bei den deutschen Schwimmern. Für sie ist das Olympiabecken ein Fass ohne Boden. Gegen weitere Blamagen helfen nur tiefgreifende und lange vernachlässigte Reformen, meint unser Redakteur Thomas Näher.

Stuttgart - Angereist waren sie als Weltmeister (Marco Koch), Weltrekordler (Paul Biedermann) und Weltranglisten-Zweite (Franziska Hentke), nun verlassen sie Rio als Bade-Meister. Viel tiefer hätte ihr Sturz, viel größer hätte der Niedergang aller deutschen Olympia-Schwimmer nicht ausfallen können. Keine Medaille, kein Lichtblick, nur sechs statt acht Finalteilnahmen gegenüber London 2012, das bisher als Tiefpunkt galt. Seit der Wende, seit Barcelona 1992, seit 24 Jahren also, hat Deutschland nur dreimal olympisches Gold im Schwimmen gewonnen, die Leistungskurve zeigt deutlich nach unten. Das mag angesichts des strengen Doping-Überwachungssystems hierzulande den einen oder anderen beruhigen. Anderswo sind die Kontrollen deutlich laxer, weshalb es nicht unbedingt erstrebenswert scheint, bestimmte Schwimmer aus bestimmten Ländern zu übertrumpfen. Aber so schlecht?

 

Versagen der Trainer zuhause

Bundestrainer Henning Lambertz schlägt Alarm und fordert mehr Geld für seinen Sport, beides zurecht. In Rio werden 27 Beckenschwimmer von vier Trainern betreut, viel zu wenig. Andere Schwimm-Nationen investieren das Mehrfache, bis zu Zehnfache, des Deutschen Schwimm -Verbandes (DSV) in ihre Elite. Wichtiger als die Finanzen sind aber die Strukturen, die stimmen im DSV schon lange nicht mehr. Als Leistungssportdirektor für Schwimmen, Wasserball, Kunstspringen und Synchronschwimmen ist Lutz Buschkow in seiner Doppelfunktion als Bundestrainer der Springer heillos überfordert, zum Jahresende gibt er entnervt auf.

Dass fast alle Schwimmer ihre Bestzeiten bei Olympia verfehlten, ist kein Zufall und deutet auf ein Versagen der Heimtrainer in der Trainingssteuerung hin. Auch der Trainingsfleiß mancher Aktiven war wohl nicht maximal. Zudem hat sich die Einteilung in Elite-, Olympia- und Perspektivkader nicht bewährt. Vor allem aber müssen sich der DSV, der Deutsche Olympische Sportbund und das für Sportförderung zuständige Bundesinnenministerium bis zum Herbst darauf verständigen, wohin sie mit der früheren Kernsportart Schwimmen (und anderen Sportarten) überhaupt hinwollen. Längst ist Schwimmen ein Randsport. Der Weg zurück wird ungleich schwieriger.