Republikaner und Demokraten finden im Streit über das Schuldenlimit keine Lösung. Es fehle das gegenseitige Vertrauen, meint Andreas Geldner.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Washington D.C. - "Checks and Balances", also "Kontrollen und Gegengewichte", sind die Grundpfeiler des amerikanische Regierungssystems - so lernt es jedes Schulkind. Die beiden Kammern des Kongresses und der Präsident können nur gemeinsam etwas erreichen, weil sie durch viele Fäden miteinander verbunden sind. Doch so wie Demokraten und Republikaner im Streit über das Schuldenlimit gerade miteinander umgehen, sieht das eher wie ein unentwirrbares Knäuel aus. Eine Entscheidung, bei der es um die Stabilität der gesamten Weltwirtschaft geht, kommt nicht voran.

 

Wie kann es passieren, dass einem der reichsten Staaten der Welt kurzfristig das Geld auszugehen droht? Die willkürlich provozierte Krise belegt die Ideologisierung und das fehlende gegenseitige Vertrauen in der amerikanischen Politik. Selbst polarisierende Figuren wie der republikanische Präsident Ronald Reagan oder sein demokratischer Nachfolger Bill Clinton arbeiteten problemlos mit der Opposition zusammen. Heute indes verschanzen sich Republikaner und Demokraten in ihren Lagern. Beide Parteien tragen dafür die Verantwortung. Zwar wurde der republikanische Präsident George W. Bush auf eine Weise dämonisiert, wie dies bei keinem seiner Vorgänger der Fall war, aber in den vergangenen Monaten lag die Hauptschuld für die destruktive Konfrontation nicht bei den Demokraten, sondern bei den Republikanern.

Kompromiss ist für die Republikaner ein Schimpfwort

Man kann darüber streiten, ob in der Tatsache, dass die Rechte die politische Legitimität Barack Obamas infrage stellt, rassistische Vorurteile mitschwingen. Das ist sicher bei einer kleinen Minderheit der Fall. Tatsache aber ist, dass der US-Präsident von einem Teil der republikanischen Sympathisanten als Bedrohung für das Land verunglimpft wird, ohne dass führende Politiker der Partei einschreiten. Sie versuchen im Gegenteil auf der rechtspopulistischen Welle zu reiten. Die unter Mithilfe von Republikanern jüngst aufgeflammte Debatte, ob Obama überhaupt eine amerikanische Geburtsurkunde hat, ist nur ein besonders grotesker Auswuchs. Nun sollen dieselben republikanischen Politiker, welche in einem Klima der Konfrontation im vergangenen Jahr in den Kongress einzogen, mit dem zum Erzfeind Amerikas erklärten Präsidenten einen Kompromiss schließen.

Das wäre für Politiker wie den Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, der erst vor Kurzem mit Barack Obama eine freundschaftliche Runde Golf gespielt hat, nicht so schwierig. Doch Boehner ist für die Ideologen seiner Partei genau deshalb zum Buhmann geworden. Kompromiss ist für sie ein Schimpfwort - obwohl das US-Regierungssystem auf überparteilichen Ausgleich ausgelegt ist. Diejenigen, die auf die reine Lehre pochen, vergessen eine wichtige historische Lektion. Wenn eine amerikanische Partei nach Wahlerfolgen ideologisch überzieht, schlägt das Pendel schnell zurück. Das hat Barack Obama nach seiner Wahl gemerkt, die ihm kein Mandat für einen Linksruck gegeben hat.

Das beginnen nun auch die Republikaner zu spüren, die sich nicht so durchsetzen können, wie dies der radikale Teil ihrer Anhänger fordert. Alle Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Amerikaner aus der Mitte heraus regiert werden will. Barack Obama hat das begriffen und seine Partei im Haushaltsstreit auf schmerzliche Kompromisse eingeschworen. Auch führenden Republikanern scheinen die desaströsen Konsequenzen einer mutwillig provozierten Staatspleite zu dämmern. Doch sie suchen nicht nach einer Lösung, sondern nach einem Trick, um allein dem Präsidenten die Verantwortung für höhere Schulden zuzuschanzen. Und die Hardliner in den eigenen Reihen spielen weiter mit dem Feuer. Die Amerikaner und der vom wirtschaftlichen Wohlergehen der USA abhängige Rest der Welt können nur hoffen, dass die Pragmatiker in der Partei diesen endlich das Streichholz aus der Hand nehmen.