Dirk Niebel hat das Recht nach seiner politischen Karriere in die Wirtschaft zu wechseln. Doch die Art und Weise wie der FDP-Politiker diesen Rollentausch absolviert, unterminiert seine Glaubwürdigkeit, sagt StZ-Politikressortleiter Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Die Tatsache, dass der frühere Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel zum Lobbyisten eines Rüstungskonzerns wird, löst heftige Kritik aus. In dieser Debatte sind einige der gegen den FDP-Politiker vorgebrachten Argumente stichhaltig, viele jedoch nicht.

 

Grundsätzlich ist der Wechsel eines Ministers in die Wirtschaft wie umgekehrt der Einstieg eines Topmanagers in die Politik begrüßenswert. Deutschland hat eher zu wenige als zu viele solcher Seitenwechsler. Dass ein Politiker in den neuen Job einbringt, was er gelernt hat, ist die logische Konsequenz: er kennt den politischen Prozess und dessen Akteure, genau darin liegt seine für Unternehmen interessante Expertise. Daraus routinemäßig den Vorwurf abzuleiten, der in die Wirtschaft wechselnde Politiker werde nachträglich für vorher geleistete Dienste entlohnt, ist billige Polemik. So wie in gut geführten Firmen ein Vorstandsmitglied nicht unmittelbar zum bisherigen Konkurrenten wechselt, sollte allerdings auch für Politiker in ähnlich gelagerten Fällen eine Karenzzeit gelten. Niebel ist im Januar 2015, wenn er bei Rheinmetall anheuert, mehr als ein Jahr Minister a. D. – das sollte genügen.

So bleibt am Ende eine politisch-moralische Frage: Wie viel Ehre hat ein Mann im Leib, der sich als Minister für Hungernde, Verfolgte und wirtschaftlich Chancenlose in den ärmsten Länder der Erde einzusetzen hatte – und der seine Regierungskontakte in Afrika und anderswo nun in den Dienst einer Firma stellt, die vom möglichst reichhaltigen Verkauf von Waffen lebt? Niebel hat sich gegen Glaubwürdigkeit und für ein gutes Gehalt entschieden.