Der Abrissantrag für die ehemalige IBM-Hauptverwaltung in Vaihingen kommt eindeutig zu früh. Noch sind nicht alle Möglichkeiten ausgereizt, meint Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die meisten Menschen kennen die frühere IBM-Hauptverwaltung nur aus dem Augenwinkel: Wenn man von der A 8 nach Vaihingen abbiegt, lassen sich die Kantine und einer der Büropavillons des Architekten Egon Eiermann für einen Moment erahnen, durch einen Schleier aus Kiefern und Eichen hindurch.

 

Dass dieses Gelände in Stuttgart kaum bekannt ist, erklärt sich aus seiner ehemaligen Funktion: Wer nicht bei IBM arbeitete, das 2009 nach Ehningen gezogen ist, kam dort kaum vorbei. Bemerkenswert ist es dennoch, dass dieses Gelände so wenig im Bewusstsein der Stadt verankert ist. Denn erstens handelt es sich um ein riesiges Areal, das Raum bietet für 2500 Arbeitsplätze. Und zweitens gelten die Pavillons als ein Hauptwerk Eiermanns, dessen Bauten zwar nicht immer unumstritten waren, der aber unzweifelhaft ein großer Architekt der Nachkriegszeit war.

Die Gemengelage beim IBM-Gelände ist extrem schwierig

Auf viele Menschen wirken die Pavillons beim ersten Hinsehen zwar nicht anders als jedes andere Bürogebäude. Doch die Einbettung in den Wald, der Verzicht auf hohe Gebäude und die Hochwertigkeit der Fassaden zeigen schnell, welcher Gestaltungswille hinter dem Areal steht. Sowieso sollten wir uns hüten, über die Architektur der 1970er Jahre insgesamt den Stab zu brechen. Im 16. Jahrhundert fanden die Menschen Fachwerkhäuser auch furchtbar und haben sie verputzt – oder abgerissen.

Es lohnt sich jedenfalls, um den Erhalt der Pavillons zu kämpfen. Sicher ist die Gemengelage schwierig, da kein Investor in Sicht ist, auch weil die Gebäudesubstanz zu schlecht sein könnte. Wie Sauerbier wird das Areal seit zwei Jahren angepriesen. Aber vielleicht ist ja auch nur der Kaufpreis zu hoch, den der Eigentümer haben will. Wer vermag das schon zu beurteilen?

Insolvenzverwalter suchen das Gespräch mit der Stadt nicht

Auf jeden Fall kann man den Insolvenzverwaltern den Vorwurf nicht ersparen, zu wenig in Stuttgart präsent zu sein. Bezüglich des Geländes im Wald herrscht Schweigen in demselben. Weder bei Baubürgermeister Matthias Hahn noch bei Oliver Sorg, der als Architekt des insolventen Investors Richard Ellis das Gelände ausgezeichnet kennt, sind die Eigentümer in letzter Zeit vorstellig geworden. So richtig versteht das niemand. Dabei gebe es durchaus viele Punkte zu besprechen, auch wenn noch kein Käufer in Sicht ist – so zum Beispiel, ob die Skizze Sorgs tragfähig ist. Auf den ersten Blick scheint sie eine Idee zu sein, wie man Denkmalschutz und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringt.

Insofern kann man das Bemühen des Eigentümers, dem Kulturdenkmal IBM-Zentrale gerecht zu werden, nicht wirklich erkennen. Jetzt ohne größere Vorwarnung einen Abrissantrag zu stellen, kann die Stadt nur als Affront interpretieren. Das macht die anstehenden Verhandlungen um das Gelände nicht einfacher.