Die Gefahr ist groß, dass das Netz der Deutschen Bahn weiter ausgedünnt und noch mehr Verkehr als bisher von der Schiene auf die Straße verlagert wird, meint StZ-Redakteur Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Natürlich ist es richtig, dass die Bundesregierung bessere Angebote für Reisende durch mehr Wettbewerb schaffen will. Die vereinfachte Zulassung von Fernbussen ist deshalb keine schlechte Idee. Damit wird das faktische Doppelmonopol der Deutsche Bahn im Fernverkehr mit ihren vielen Bus- und Bahnablegern beseitigt, das bislang vielfältigere und vor allem preisgünstigere Angebote verhindert. So weit, so gut. Leider aber verläuft die Liberalisierung des Busverkehrs alles andere als ausgewogen und hat wie die einstige Bahnreform grobe Webfehler. Die Gefahr ist groß, dass das noch flächendeckende deutsche Bahnnetz weiter ausgedünnt und noch mehr Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert wird statt umgekehrt. Der Grund sind strukturelle Nachteile, die zu unfairem Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern führen.

 

So zahlen Fernbusse keine Maut, und es fehlen bis jetzt sowohl strenge Fahrgastrechte als auch klar geregelte Beschäftigungsbedingungen. Dagegen fallen für jede Zugfahrt und jeden Halt hohe Netzgebühren an. Die Bahn muss zudem bei größeren Verspätungen die Passagiere entschädigen und zahlt ansehnliche Tariflöhne. Das vergrößert den Kostenvorteil der Straße und erhöht das Risiko, dass die Bahn als Europas größter Zug- und Busbetreiber künftig noch mehr Kunden über Asphalt rollen lässt statt über Schienen. Die Busflotte wird jedenfalls vom Konzern ausgebaut, beim Fernverkehr und Gleisnetz dagegen stramm gespart. Das mag sich für den größten Staatsbetrieb betriebswirtschaftlich rechnen. Die Rechnung bekommen Steuerzahler und Bahnfahrer. Im schlimmsten Fall muss der Staat immer mehr unrentable Schienenverbindungen finanzieren, während Busbetreiber – vorneweg die Ableger der Deutschen Bahn – auf parallelen Strecken prächtig an ehemaligen Zugfahrern verdienen. Weitere Stilllegungen von Gleisen wären programmiert.

In der deutschen Verkehrspolitik fehlen weiterhin wegweisende Konzepte, zum Beispiel ein Masterplan für mehr klimaschonenden Schienenverkehr, der gegen Autos, Busse und Flieger bestehen kann. Ohne vernünftige Rahmenbedingungen bleibt die Zulassung von Fernbussen nur Stückwerk, das auf lange Sicht womöglich mehr schadet als nutzt.