Ab 2017 wird die Spekulation auf Finanzmärkten eingeschränkt. Damit gelingt der EU mit Verzögerung ein wichtiger Schritt nach vorn, meint StZ-Korrespondent Christopher Ziedler.

Straßburg - Zwischen dem Wünschenswerten und dem realpolitisch Machbaren klaffen oft schmerzhaft große Lücken. Das zeigt die leidige Geschichte der Finanzmarktregulierung als Reaktion auf die größte Kapitalismuskrise seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts nur zu gut. Der jüngste Fall liegt glücklicherweise etwas anders: Die neuen Regeln für den bisher weitgehend regellosen Markt für Finanzprodukte bringen echte Fortschritte im Bemühen, die Spekulation an den globalen Märkten auf ein erträgliches Maß zurückzuführen und gerade Kleinanleger besser zu schützen, deren Unwissenheit die professionellen Player bisher allzu leicht ausnutzen konnten.

 

Größter Erfolg ist sicher die Eindämmung der exzessiven Zockerei mit Nahrungsmittelkontrakten. Es wird in Zukunft klar ersichtlich sein, wer welche Termingeschäfte mit künftigen Ernten tätigt – auf dieser Basis werden dann erstmals Obergrenzen festgelegt. Das wird helfen, die Lebensmittelpreise unter Kontrolle zu halten, die für viele Menschen in Entwicklungsländern tatsächlich eine Frage von Leben und Tod sind. Auch die Entschleunigung des sogenannten Hochfrequenzhandels schützt die Finanzmärkte besser vor einem Crash, auf den Kleinanleger immer viel langsamer reagieren können als institutionelle Investoren. Eine Fülle neuer Transparenzbestimmungen lässt die Chancen steigen, dass die falschen Papiere erst gar nicht in ihrem Portfolio landen.

Die gute Nachricht kommt freilich mit reichlich Verspätung. Der G-20-Gipfel 2009 in Pittsburgh hatte beschlossen, als Reaktion auf die Krise bis Ende 2012 dem Finanzmarkt neue Regeln zu geben. Gut ein Jahr danach lässt sich nun feststellen, dass die meisten der damals vereinbarten Maßnahmen nun gesetzgeberisch abgeschlossen sind – von neuen Regeln für Hedgefonds über Bankerboni bis hin zum neuen Umgang mit sogenannten Leerverkäufen und Kreditausfallversicherungen. Besser spät als nie, lautet das Motto.

Das heißt aber nicht, dass auf den Finanzmärkten nun alles in Butter wäre: Viele der Gesetze, die erhöhten Eigenkapitalanforderungen für Banken etwa werden ihre Wirkung erst in mehreren Jahren entfalten – so wie die nun beschlossene Neuregelung für die Finanzproduktmärkte auch. Bei der Schaffung der Bankenunion wird ebenfalls mit teils unerträglich langen Übergangsfristen gearbeitet. Wirklich gut geschützt werden Steuerzahler, Kleinanleger, Verbraucher und Bankkunden vielleicht im Jahr 2020 sein.