Bei der Suche nach Standorten für fünf Asylunterkünfte helfen nur konstruktive Vorschläge. Fluchen und Aussitzen führen zu nichts. Ein Kommentar von Torsten Ströbele.

Zuffenhausen - Keine Frage: Man kann ein flaues Gefühl in der Magengegend haben, wenn in der Nachbarschaft auf einen Schlag 400 Menschen aus fremden Ländern und Kulturen einziehen sollen. Jeder hat dafür Verständnis, dass mit so einer Veränderung Sorgen und Ängste einhergehen. Die Frage ist nur: Wie geht man damit um? Leider fällt einigen Zeitgenossen nur ein, zu pöbeln, die Flüchtlinge als wüste und frauenfeindliche Eindringlinge zu bezeichnen sowie damit zu drohen, am 13. März sein Kreuzchen bei der rechtspopulistischen AfD zu machen. Als ob damit der Bau von Systembauten in Zuffenhausen zu verhindern wäre.

 

Man kann ja von der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin halten was man will. Aber nur durch Schimpfen, Verteufeln und Protestwählen wird kein Stadtrat davon überzeugt, auf einmal einen großen Bogen um Zuffenhausen und die Schlotwiese zu machen, wenn es um die Suche nach Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte geht. Doch diese Form von Demokratieverständnis scheint groß in Mode gekommen zu sein. Das wurde auch am Dienstagabend im Bürgerhaus in Rot wieder deutlich.

Den idealen Standort gibt es nicht

Aber warum soll man sich auch Gedanken um Alternativen zur Schlotwiese machen? Schließlich hat man die Flüchtlinge ja auch nicht hergebeten und schon gar nicht reingelassen. Und warum soll man sich in einem Freundeskreis engagieren, wenn man die Gutmenschen gemeinsam mit den ganzen Flüchtlingen eigentlich auch am liebsten auf den Mond schießen würde? Doch man kann niemanden zwingen, sich mit dem Thema konstruktiv zu beschäftigen. Aber wer sich einem konstruktiven Diskurs verweigert, überlässt die Entscheidung anderen.

Das gilt übrigens auch für Bezirksbeiräte, die sich zu Sätzen hinreißen lassen wie „Zuffenhausen ist voll“ oder behaupten, dass da eine Horde Islamisten käme, die den Schülern die Turnhallen wegnehmen würden und mit der Damenwelt in Badebekleidung auf der Liegewiese des SSV-Bädles ein Problem hätten. Ja, den idealen Standort gibt es nicht, mit dem alle zufrieden sind. Aber Stuttgart muss die Flüchtlinge aufnehmen, die der Stadt zugewiesen werden. Dazu ist man gesetzlich verpflichtet. Über das Wo kann man diskutieren. Aber wer weiß, wie das politische Geschäft läuft und nicht möchte, dass fünf Unterkünfte auf die Schlotwiese gestellt werden, der muss sich nach Alternativen umschauen – und zwar in Zuffenhausen. Denn das Sankt-Florians-Prinzip findet im Gemeinderat keine Mehrheit. Wer meint, alles ablehnen zu müssen, ohne sich konstruktiv am Prozess zu beteiligen, nimmt sehenden Auges in Kauf, dass genau das passiert, was eigentlich niemand will: Nämlich, dass fünf Systembauten für 400 Flüchtlinge auf der Schlotwiese gebaut werden.