Jeder Bürger hat Anspruch auf Achtung seiner Menschenwürde - auch ein Verbrecher wie Gäfgen. Das Urteil ist trotzdem schwer zu akzeptieren.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Frankfurt - Die Urteile in einem Rechtsstaat sind manchmal nur sehr schwer zu ertragen. Der Richterspruch von Frankfurt, mit dem einem verurteilten Kindsmörder eine Entschädigung zugesprochen wird, gehört zweifellos dazu.

 

Magnus Gäfgen hat 2002 den elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler entführt, ihn aus Geldgier getötet. Er ist dafür zu lebenslanger Haft verurteilt worden, Reue für seine abscheuliche Tat zeigte Gäfgen nie. Stattdessen inszenierte er sich als bedauernswertes Opfer, weil ihm verzweifelte Polizeibeamte im Verhör "unerträgliche Schmerzen" angedroht hatten, falls er sie nicht zum Versteck des möglicherweise noch lebenden Jakob führe.

Vor dem Gesetz sind alle gleich

Das selbstgerechte Auftreten des Mörders, das Erinnern an das Leid des Opfers, das Mitgefühl für die von Gewissensnöten geplagten Polizisten - all dies ruft den Reflex hervor: keine Gnade, erst recht keine Entschädigung für solch einen Mann.

Aber im Rechtsstaat haben vor dem Gesetz alle gleich zu sein. Auch der schlimmste Verbrecher hat Rechte, hat Anspruch auf Achtung seiner Menschenwürde. Die Androhung von Gewalt durch die Polizisten war Folter. Sie ist verboten, ohne Ausnahme. Wenn einem Bürger durch den Staat Unrecht geschieht, kann er Anspruch auf Entschädigung erheben. Dies gilt für jedermann - selbst für Mörder.