Bundespräsident Joachim Gauck bewegt sich auf schwierigem Terrain: In Griechenland erlebt der Bundespräsident, dass auch seine Überzeugungskraft begrenzt ist, analysiert StZ-Korrespondent Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Athen - Der Bundespräsident befindet sich auf einer heiklen Reise. Für viele Griechen ist das Land, das er vertritt, eine Projektionsfläche für Frust und Zorn. Das gilt für die Opfer der drastischen Sparpolitik, die nicht alle den wahrhaft Schuldigen anlasten – nämlich den pflichtvergessenen Regierungen früherer Jahre, die den griechischen Staatshaushalt ruiniert haben. Es herrscht dort aber auch ein Groll, der historische Gründe hat in den Untaten der Nazis. Auch dafür sind die Repräsentanten des heutigen Deutschlands nicht verantwortlich zu machen.

 

Gauck unternimmt eine Gratwanderung zwischen den Schulden der Gegenwart und der Schuld der Vergangenheit. Was er im Gepäck hat, vermag die Griechen nicht zu besänftigen: weder sein Mitgefühl noch das Bekenntnis zu anhaltender Solidarität oder der bekundete Respekt für die Zumutungen der Finanzreformen, nicht die Pläne für eine gemeinsame „Erinnerungsarbeit“ oder die Bitten um Vergebung. So groß die Überzeugungskraft seiner Worte sonst auch sein mag, in Griechenland stößt sie an Grenzen. Die Erwartungen, denen er dort begegnet, sind unerfüllbar. Im Jahre 69 nach dem Untergang des Dritten Reiches ist nicht mehr die Zeit, das Kapitel Reparationszahlungen noch einmal neu zu eröffnen. Da mag der Finanzbedarf noch so groß sein.