Bahn-Chef Rüdiger Grube will mit dem Abriss des Südflügels in Stuttgart noch warten – stellt aber Bedingungen. Ein Kommentar von Thomas Braun.

Stuttgart - War es nun Taktik oder weiß auch bei der Bahn mitunter die rechte Hand nicht, was die linke tut? Da verkünden Projektleiter und Projektsprecher unisono erst vor wenigen Tagen mit Verve, der Südflügel des Bahnhofs werde so rasch wie möglich komplett abgeräumt. Wenige Tage später unterbreitet ihr Chef dann der Landesregierung ein Angebot:

 

Der Seitenbau des Bahnhofs könne - unter bestimmten Bedingungen- doch bis zur für Herbst geplanten Volksabstimmung stehen bleiben, man wolle keine Eskalation im S-21-Konflikt.

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die in versöhnlichem Ton vorgetragene Offerte von Bahn-Chef Rüdiger Grube jedoch als Täuschung. Laut ihren eigenen Bauplänen hatten die Stuttgart-21-Planer ohnehin nicht vor, vor Ende 2012 eine erste kleine Schneise in den Bau zu schlagen - der große Rest des Gebäudes soll sogar bis 2019 stehen bleiben. Zwar erklärt Projektsprecher Dietrich diese Zeitplanung für nicht mehr aktuell, doch einen neuen Plan hat die Bahn bisher der Landesregierung nicht vorgelegt.

Nach einer landesweiten Volksabstimmung, bei der unter den obwaltenden Bedingungen die Projektgegner das vorgeschriebene Quorum kaum erreichen dürften, wäre die Bahn quasi letztinstanzlich legitimiert, den Bau voranzutreiben. Vor diesem Hintergrund müsste der Konzern eigentlich ein vehementes Interesse daran haben, so lange zuzuwarten, bis das Volk das letzte Wort gesprochen hat.