Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht zu seinem Parteifreund Daniel Cohn-Bendit, sagt aber nicht, warum. Das war ein Fehler, meint StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Stuttgart - Daniel Cohn-Bendit hat manches wirre Zeug in seinem Leben dahergeredet, weshalb es schon so sein kann, dass seine pädophilen Fantasien, vor fast vier Jahrzehnten zu Papier gebracht, nur als den Zeitumständen geschuldete Provokationen zu verstehen sind. Er bestreitet jede reale Täterschaft, übrigens unterstützt von seinen damaligen Schützlingen und deren Eltern.

 

Mit der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises an den Grünen-Politiker ist der Skandalisierungszug wieder angerollt, beschleunigt durch den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, der seine bereits zugesagte Festrede stornierte. Dass die Landtagsopposition auf diesen Zug aufsprang, ist ihr nicht anzulasten – auch wenn die Absicht mit Händen zu greifen war, dem populären Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann einige Spritzer dieser unappetitlichen Soße aufs Hemd zu applizieren. Wenn Voßkuhle fernbleibt, so das oppositionelle Petitum, müsse auch Kretschmann absagen. Der Regierungschef indes schwieg sich aus, um die Debatte nicht weiter zu befeuern. Das aber war ein Fehler. Kretschmann, der – im positiven Sinn – große Welterklärer, blieb diesmal eine Begründung schuldig. Dies haben der Landtag und auch Cohn-Bendit, der als Politiker durchaus eine Lebensleistung vorweisen kann, nicht verdient.