Sahra Wagenknecht geht mit dem Projekt „Aufstehen“ in die Offensive. Die Idee einer parteiübergreifenden linken Bewegung hat Charme. Für einen Erfolg fehlt jedoch das Personal, das zum Brückenbauen in der Lage ist, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Sammlungsbewegung „Aufstehen“, initiiert von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, folgt zunächst mal einer einleuchtenden Logik: Der Rechtspopulismus ist auf dem Vormarsch – seine Antreiber sind in der politischen Mobilisierung der Gegenseite weit voraus. Also muss den Rechten etwas entgegengesetzt werden: ein von den Parteistrukturen losgelöstes Bündnis, das einen linken Zeitgeist aufrecht erhält. Denn bei aller Aufmerksamkeit, die die Rechten momentan erhalten, rangieren Themen der Gerechtigkeit und des Internationalismus weiter oben auf der Wertigkeitsliste der Bürger. Diese trauen den linken Kräften nur nicht zu, gemeinschaftlich ihre Kernprobleme zu lösen.

 

Für Sozialdemokraten eine Frage der Selbstachtung

Dass „Aufstehen“ eine Dynamik entfaltet wie die Bewegung von Corbyn in Großbritannien, Mélenchon in Frankreich oder Sanders in den USA erscheint dennoch fraglich. Denn Wagenknecht und Lafontaine polarisieren statt zu einen. Sie lassen sich von Ideologien statt Visionen leiten. Und sie stehen im Verdacht, Teile der SPD in die Arme der Linkspartei treiben zu wollen. Da ist es für das Gros der Sozialdemokraten schon eine Frage der Selbstachtung, auf eigene Stärke zu setzen. Weil die Grünen zudem in der Mitte angelangt sind, mangelt es dauerhaft an Verbündeten – selbst in der eigenen Partei. So werden es Wagenknecht und Lafontaine sehr schwer haben, das Parteiensystem in ihrem Sinne zu verändern.