Ein Brandstifter in Berlin nennt als Motiv Schwabenhass. Da fängt der Spaß an, gefährlich zu werden, kommentiert Katja Bauer.  

Berlin - In Berlin gibt ein Brandstifter, der Kinderwagen in Hausfluren anzündet, als Motiv "Schwabenhass" an. Es kann sein, dass der Mensch ein bisschen wirr im Kopf ist - aber trotzdem muss der rot-rote Senat die Formulierung ernst nehmen.

 

Was in Berlin seit Jahren unter "Schwabenhass" firmiert, war erst ein mäßig originieller Witz der Prenzlauerberger, die selber Spießer ersten Ranges sind. Längst aber ist der Begriff "Schwaben" in der heißen Diskussion über die Stadtentwicklung zu einem Synonym geworden, für Menschen, die von anderswo kommen, gut ausgebildet und nicht arm sind und ihre Vorstellung von Leben mitbringen. Eigentlich kann dagegen ja niemand etwas haben, erst recht nicht im toleranten Berlin.

Der "Schwabenhass" ist einerseits ein Zeichen der Engstirnigkeit einiger Überlebender der Vorwende-Subventionsbiotope, die Veränderung hassen. Andererseits ist er ein Zeichen dafür, dass Berlin seine Hauptfrage politisch diskutieren muss: Wem gehört die Stadt? Soll der Markt wirklich regeln, dass Bewohner aus ihrem Viertel weichen müssen, weil sie die Mieten nicht zahlen können? Wie wird eine Entwicklung sozial verträglich?

Aber die Politik handelt nicht. Das muss sie sich vorwerfen lassen, wenn sich die Debatte mit brennenden Autos und Kinderwagen auf Straßen und in Hausflure verlagert.

Jetzt anmelden: "StZ im Gespräch" mit unserer Berlin-Korrespondentin Katja Bauer

Am 14. September, wenige Tage vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, werden unsere Leserinnen und Leser Gelegenheit haben, in der Alten Reithalle Stuttgart mit unserer Berlin-Korrespondentin Katja Bauer ins Gespräch zu kommen. Beginn der Veranstaltung ist um 19 Uhr.