Die Übergriffe von Köln und anderswo sind ein politisches Fanal. Der öffentliche Raum muss verteidigt werden, kommentiert StZ-Redakteurin Barbara Thurner-Fromm.

Stuttgart - Das neue Jahr hat schlimm angefangen für viele Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof, die von einer Horde Männer bedrängt, begrapscht, sexuell missbraucht und beraubt wurden. Sie waren den ekelhaften Übergriffen und Straftaten hilflos ausgeliefert, weil die Polizei dem Treiben der mutmaßlichen Nordafrikaner weitgehend hilf- und tatenlos zusah. Das Jahr hat damit auch für die Kölner Polizei schlecht begonnen, denn obwohl sie einräumt, dass sie die Männer schon länger beobachtet und auch von einem „Antanz-Trick“ weiß, hat sie der Massenzusammenrottung nicht vorgebeugt durch Präsenz. Sie hat zudem die vielfachen Übergriffe in ihrem Ereignisbericht, man kann es kaum glauben, zunächst komplett ignoriert. Die Ermittlungen, die erst mit erheblicher Verzögerung begannen, werden auch dadurch erschwert. Wenn die Polizeigewerkschaft mit ihrer Befürchtung Recht bekommen sollte, dass womöglich kein einziger Täter verurteilt werden kann, dann wäre der Polizeipräsident nicht zu halten.

 

Kriminellen Machos müssen Grenzen aufgezeigt werden

Nicht zu Unrecht steht auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker in der Kritik. Ihr mütterlicher Rat für Frauen, sich Männer immer mindestens eine Armlänge vom Hals zu halten, mag ja gut gemeint sein – und vielleicht auch therapeutisch beeinflusst angesichts des Messerattentats, dem sie selber erst vor kurzem beinahe zum Opfer gefallen wäre. Als politische Reaktion auf die Geschehnisse ist es naiv und hilflos. Vom weiblichen Stadtoberhaupt erwarten die Frauen, dass politisch alles getan wird, damit sie sich in der Öffentlichkeit gefahrlos und unbehelligt bewegen können.

Denn nicht die Frauen, die fröhlich Silvester feiern, sind das Problem, sondern kriminelle Machos, die ihnen keinen Respekt entgegenbringen und sie wie Freiwild behandeln. Diesen Halbstarken gilt es, juristisch zu Leibe zu rücken und Grenzen aufzuzeigen. Dazu braucht es keine neuen Gesetze; nötig sind entschiedenes polizeiliches Vorgehen, schnelle und harte Strafen. Ob dies Gefängnis oder – im Fall von Ausländern – auch Ausweisung bedeutet, ist im Einzelfall nach Maßgabe der Gesetze zu bewerten. Unabhängig davon, ob jemand lange hier lebt oder neu zugewandert ist: entscheidend ist, wie er sich hier aufführt. Und wenn er sich an der Kölner Domplatte so gibt wie auf dem Tahirplatz in Kairo, wo Frauen gejagt wurden, muss er spüren, dass wir das in Deutschland nicht hinnehmen.

Der Druck auf Angela Merkel wird zunehmen

Damit sind wir beim politischen Flurschaden, der angerichtet wurde. Dass etwa – gewiss minderschwere, aber doch auch ähnliche – Vorkommnisses in Hamburg und auf dem Stuttgarter Schlossplatz jetzt neu bewertet werden, zeigt: Köln darf nicht isoliert betrachtet werden, Köln ist ein Fanal. Nicht von ungefähr hat die Bundeskanzlerin die Vorkommnisse schnell und klar gegeißelt. All diejenigen, die Angela Merkels Flüchtlingspolitik für falsch halten, die glauben, dass wir es nicht schaffen, so viele Menschen aus anderen Religions- und Kulturkreisen zu integrieren, werden sich bestätigt fühlen. Das ist Wasser auf die Mühlen der CSU und der AfD und erhöht den politischen Druck auf die CDU-Chefin.

In den sozialen Netzwerken und Online-Medien kocht aber auch die rechte Giftbrühe schon so hoch, dass einem Angst und Bange wird. Man kann und darf über die Flüchtlingspolitik streiten, mit klarer Sprache und offenem Visier. Denn Probleme lassen sich nicht totschweigen. Doch blanker Fremdenhass löst kein Problem. Man muss auch darüber reden, was gesellschaftlich nötig ist, damit der öffentliche Raum – sei es die Schule, die Straßenbahn oder der Festplatz – für diejenigen sicher und selbstverständlich bleibt, die sich dort nach unseren Regeln aufhalten. Denn er darf nicht denen gehören, die sich am rabiatesten gebärden. Es gilt, unsere Freiheit zu verteidigen – am besten wäre, Deutsche und Zugewanderte haken sich dabei unter.