Wenn Firmen ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen bezahlen, folgen sie ihren Interessen, nicht denen der Frauen, meint StZ-Redakteurin Katja Bauer.

Stuttgart - Lassen Sie einfrieren?“ Das könnte demnächst ein Chef seine künftige Mitarbeiterin im Bewerbungsgespräch fragen. Natürlich müsste darauf keine Frau antworten. Aber die Personalplanung des Unternehmens und damit die individuellen Karrierechancen der Frau würde es doch erheblich verbessern.

 

Die amerikanischen Unternehmen Facebook und Apple machen ihren Mitarbeiterinnen das Angebot, ihnen das Einfrieren ihrer Eizellen zu bezahlen. Die Internetgiganten haben einen einfachen Grund dafür. Er lautet nicht: mehr Freiheit für Frauen. Ein strategisches Ziel für die Unternehmen ist ein hoher Anteil weiblicher Beschäftigter im entsprechenden Alter. Denn Frauen dominieren derzeit als Nutzerinnen das Wachstumsfeld Social Media im Netz. Sie sind aktiver in sozialen Netzwerken, stellen die Mehrzahl der Onlinekundinnen. Sie sind die entscheidende Zielgruppe fürs Marketing. Facebook und Apple brauchen also Arbeitnehmerinnen, denn diese denken wie ihre Nutzerinnen.

Der eiskalte Hauch der ökononomischen Verwertung

Diese jungen Arbeitskräfte bergen aber für Firmen ein Problem: Sie verlagern immer dann ihren persönlichen Fokus, wenn sie gerade maximal leistungsfähig sind. Was über den Atlantik herüberweht, ist der eiskalte Hauch der ökonomischen Verwertung der Arbeitnehmerin. Die Firma bezahlt die Verschiebung der Familiengründung, denn diese stört den Betriebsablauf.

Aber würden Facebook und Apple dieses Angebot machen, wenn es für niemanden interessant wäre? Der eigentlich wichtige Befund ist, dass junge, gut ausgebildete Frauen ihr Geld auch heute schon privat für das Einfrieren von Eizellen – Social Egg Freezing – ausgeben. Sie tun das, um genau die Entscheidung zu verschieben, die Frauen immer noch treffen müssen, aber Männer nicht: Kind oder Karriere.

In Rede steht nicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie; das kriegen viele Paare mittlerweile irgendwie hin. Nein, es geht um Karriere. Anders als für Männer, deren berufliches Leben sich durch die Vaterschaft meist kaum ändert, ist die Entscheidung einer Frau für Kinder immer noch mehrheitlich eine irreversible Entscheidung gegen den beruflichen Aufstieg. Ein Grund dafür ist, dass tatsächlich entscheidende Weichen in jener Lebensphase gestellt werden, in der Frauen fruchtbar sind – die Biologie der Fortpflanzung passt einfach nicht zur Berufswelt. Leidtragende sind die Frauen.

Eine gesellschaftliche Frage wird ins Private geschoben

Nun wird gesellschaftlich suggeriert, das Einfrieren von Eizellen stelle Freiheit in der weiblichen Lebens- und vor allem Karriereplanung her. Das mag im Einzelfall sogar zutreffen – wenn man den Zufall auf seiner Seite und das Glück im Leben hat, dass mit Ausbildung, Liebe, Job, Gesundheit und Familie alles so läuft, wie irgendwann mal gedacht.

Aber vor allem wird die gesellschaftlich zu lösende Frage der Vereinbarkeit von Karriere und Familie für Frauen ganz ungeniert in den privaten Bereich der Frau zurückgeschoben: Sie soll an ihrem Körper herummanipulieren und gesundheitliche Risiken tragen, sie soll ihr Leben so leben, dass es zu den Anforderungen der Wirtschaft am besten passt.

Und genau hierin liegt das Frankenstein’sche am Zugriff der Konzerne auf diesen privatesten Bereich ihrer Mitarbeiterinnen. Er unterwirft die Frauen – und nur die! – der Erwartung, einer Art persönlichem Businessplan zu folgen. Am Ende der   ökonomischen Optimierung für den Arbeitsmarkt steht die Mutterschaft als Bonus mit gesellschaftlichem Restnutzen.

Das Angebot der Konzerne tut das Gegenteil dessen, was es vorgibt: es nimmt Frauen Freiheit. Auf beruflich ambitionierte Frauen wird enormer Druck entstehen, diese hypermoderne Form der Ausbeutung als Option wahrzunehmen. Einfrieren als Nachweis von Karrierebereitschaft und Flexibilität.