Die Bahn hat Anwohnern ihr Recht auf passiven Schallschutz lange mit Verweis auf ihre Detailgutachten verwehrt. Nun räumt sie ein, dass Prognosen zu optimistisch waren. Damit könnte sie Glaubwürdigkeit verspielt haben, befürchtet StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Die Bahn wühlt sich für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke durch Land und Stadt und vermeldet An- und Durchsticherfolge am laufenden Band. In Stuttgart ist sie noch nicht allzuweit gekommen, da räumt ihr Ingenieur Florian Bitzer bei einem Routineauftritt ein, dass es beim Bauen, Rammen und Bohren in bewohntem Gebiet so große Konflikte wegen Immissionen gebe, dass der Konzern Anwohnern nachträglich schalldichte Fenster genehmige. Das ist ehrlich, aber mitnichten großzügig. Bahnjuristen haben den Bürgern bisher auf Basis falscher, weil zu niedrig prognostizierter Werte, passiven Lärmschutz versagt. Dieser Glaubwürdigkeitsverlust minimiert die Chance, künftig vor Ort noch ernst genommen zu werden.

 

Was diese Maßnahmen wieder kosten werden. . .

Das hört sich nicht gut an: Profiverglasung allein macht den Lärm nicht erträglich, vor allem nachts. Logistikflächen müssen überdacht und die Sängerstraße mit einer Mauer verschandelt werden, die dreimal höher ist als jene, die Ost und West trennte. Was das wieder kosten wird. Weil es langfristig nicht reicht, die Piepser von Baumaschinen durch Krächzer zu ersetzen oder den Abraum nachts im Tunnel aufzuhäufen, muss alles auf den Prüfstand, konkret der Bauablauf und das Entsorgungskonzept. Das ist keine Forderung der Anwohner, sondern O-Ton Bitzer. Er versprach aber nicht, dass es viel leiser würde.

Die Politik schien nicht in Gänze den Ernst der Lage zu erkennen. CDU-Chef Alexander Kotz schon, er fand den Bericht „problematisch“. Die SPD sieht dagegen Baulärm nicht nur negativ, weil er von Erwerbstätigen verursacht wird. Den Grünen scheint das politische Gespür von Ex-Fraktionschef Pätzold abzugehen. Der Neu-Bürgermeister hätte sich kaum damit begnügt, die Mauer begrünen zu dürfen.