Die Frage der Kapazität des neuen Stuttgart-21-Tiefbahnhofs ist wichtig. Sie sollte im OB-Wahlkampf aber nicht die einzige Frage bleiben, meint StZ-Redakteur Jörg Nauke.
Stuttgart - Es war nun wirklich nicht zu erwarten, dass mit der Volksabstimmung die Kritik an Stuttgart 21 verstummen würde. Und insofern liegt es auf der Hand, dass das Thema auch beim OB-Wahlkampf eine wichtige Rolle spielt.
Die Bahn dürfte mittlerweile eingesehen haben, dass sie Zweifeln nicht mit Beschwichtigungen begegnen kann. Schon gar nicht bei der Sicherheit. Anders als bei der Debatte über die Leistungsfähigkeit des Bahnknotens, der am Ende nur noch Eisenbahningenieure folgen konnten, interessiert jeden Bürger, ob Bahnsteige und Verteilerflächen ausreichend dimensioniert sind. Nicht, dass es dort in der Hauptverkehrszeit zu echten Engpässen kommt. Die Bahn muss nachweisen, dass die Treppen, Ein- und Ausgänge auch dann groß genug sind, wenn in der Spitzenstunde so viele Züge wie heute (36) oder maximal möglich (49) abfahren. Womöglich wird das vor Gericht geschehen, falls vom Umbau betroffene Anwohner klären lassen, ob Stuttgart 21 statt Fortschritt eher Rückbau bedeutet.
Man muss aber wohl nicht befürchten, dass der Tiefbahnhof das einzige Thema in diesem OB-Wahlkampf bleibt. Das können sich speziell die Grünen, die bei Stuttgart 21 gerne den Finger in die Wunde legen, gar nicht erlauben. Fritz Kuhn weiß, dass er nach der Volksabstimmung, deren Ergebnis er akzeptiert, beim Bahnprojekt wenig gewinnen kann. Nimmt man Bettina Wilhelm aus, die vom Tiefbahnhof nicht allzu viel hält, während ihre SPD dafür ist, haben Kuhns Mitbewerber bei S 21 strategische Vorteile: Hannes Rockenbauch und Jens Loewe können leicht behaupten, sie würden das Projekt kraft Amtes stoppen – sie werden nie den Beweis antreten müssen. Komfortabel ist auch Sebastian Turner (CDU) positioniert: Er ist der Kandidat für alle Befürworter und hat selbst für jene eine Botschaft, denen das Thema nur noch auf die Nerven geht: Es müsse schnell und ohne viel Dreck gebaut werden. Auch Turner hat den Vorteil, den Nachweis frühestens nach der Wahl erbringen zu müssen.