Mit seiner Alternative zu Stuttgart 21 hat sich Stohler aufs politische Parkett begeben - und dort geht es rau zu, schreibt Jörg Nauke.  

Stuttgart - Noch vor wenigen Wochen hat der Geschäftsführer des renommierten schweizerischen Gutachterbüros SMA vor allem bei den Befürwortern von Stuttgart 21 einen untadeligen Ruf als Eisenbahnfachmann genossen. Seine Bewertung des Stresstests ließ sie zunächst jubeln. Wenn man nun aber die Pressemitteilungen und Briefe aus dem Stuttgarter Rathaus liest, gilt es zu attestieren: Werner Stohler ist in kürzester Zeit sehr tief gefallen.

 

Dabei ist die Taktik, die Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) in seinen jüngsten Veröffentlichungen offenbart, leicht zu durchschauen: Er will nicht noch mehr Unruhe in Stuttgart und deshalb diesen Mann mit seiner aufrührerischen Idee auch nicht in seinem Rathaus haben. Dem Experten aus der Schweiz öffentlich anzubieten, ihm großzügig das Fahrgeld zu spendieren, falls es ihm doch einfiele, in die Landeshauptstadt zu kommen, ist allerdings vor allem eines: respektlos.

Aus der Hüfte geschossenes Modell

So unangemessen der Stil sein mag, so nachvollziehbar ist Schusters Ansinnen in der Sache. Er zeigt mit seinem Fragenkatalog auf, um was es sich derzeit bei der Kombilösung handelt: um ein aus der Hüfte geschossenes Modell ohne planerischen Tiefgang. Das ist nicht zu kritisieren, jedoch Stohlers Vorgehensweise, seine pure Idee einer weitgehend durchgeplanten S-21-Lösung als gleichwertige Alternative gegenüberzustellen.

Das musste im Ansatz scheitern. Doch sein Vorstoß hat noch eine zweite Komponente: Er drückt damit aus, dass er Stuttgart 21 - trotz wohlwollender Stresstest-Bewertung - nicht als die beste Variante ansieht. Wer sich freilich ohne politische Erfahrung so auf vermintem Terrain präsentiert wie Stohler, muss sich nicht über Einschläge in seiner Nähe wundern. Wenn er Stuttgart 21 kritisieren will, dann sollte er dies ungeschminkt tun und nicht, wie bisher, allzu verklausuliert.