Kommentar zu TV-Rechten Der Kreis schließt sich

Der Fußball boomt wie nie zuvor und in Zukunft darf der Privatsender RTL Länderspiele übertragen, jener Sender also, der die Entertainisierung des Fußballs eingeleitet hat.
Stuttgart - Als traditionsbewusster Fußballfan hat man sich im Laufe der Zeit an viele Grausamkeiten gewöhnen müssen. Daran, dass es in den Stadien keine Stehplätze mehr gibt, dafür aber alkoholfreies Bier; oder daran, dass die Profis keine langen Nackenhaare mehr haben, dafür aber Kosmetiktäschchen von Louis Vuitton unterm volltätowierten Arm tragen. Dem Produkt hat dies nicht geschadet – im Gegenteil: der Fußball boomt wie nie zuvor, weil er längst zu einem wichtigen Teil der Unterhaltungsindustrie geworden ist.
Schlimmer kann es nicht kommen
So gesehen ist es fast schon der logische nächste Schritt, dass künftig die Qualifikationsspiele der deutschen Nationalmannschaft, die Filetstücke in der Sportberichterstattung, zum ersten Mal im Privatfernsehen übertragen werden. Mit dem Wechsel zu RTL schließt sich der Kreis: Der Kölner Sender war es, der Ende der 1980er Jahre die betuliche ARD-„Sportschau“ vorübergehend abgelöst und mit seiner grellbunten und von Ulli Potofski moderierten Bundesligashow „Anpfiff“ die Entertainisierung des Fußballs eingeleitet hat.
Wenn der RTL-Sportchef Manfred Loppe nun im Rahmenprogramm der Partien mehr Unterhaltung und „gute Laune“ ankündigt, klingt dies in den Ohren echter Fans zwar wie eine Drohung. Wer jedoch bislang im Anschluss an Länderspiele in der ARD „Waldis Club“ mit Waldemar Hartmann und seinen Stammtischbrüdern über sich hat ergehen lassen, der weiß: schlimmer kann es nicht kommen.
Unsere Empfehlung für Sie

3- Sat-Doku: Frauenwahlrecht Wählende Frauen sind schlechte Mütter
Der Dokumentarfilm „Aus der Küche ins Bundeshaus“ auf 3 Sat zeigt mit teils groteskem historischem Material den Kampf Schweizer Frauen um ihr Wahlrecht. Erst 1990 konnten sie es überall durchsetzen.

Die Autorin Olga Martynova im Gespräch „Viele Menschen fühlen sich heute nicht mehr repräsentiert“
Olga Martynova hat zurzeit das Lyrikstipendium am Stuttgarter Schriftstellerhaus inne. Warum sie in Gedichten nicht gendert und Identitätspolitik für eine vorübergehende Mode hält, erklärt sie im Gespräch.

Redefreiheit an Hochschulen „Ein Schutzraum nur für freies Denken“
An deutschen Hochschulen wächst der Widerstand gegen die abnehmende innere Freiheit, behauptet Sandra Kostner. Die Historikerin will Forschung und Lehre vor ideologisch motivierten Denkverboten schützen.

60 Jahre Stuttgarter Ballett Fragen an Marco Goecke
Einstige Tänzer des Stuttgarter Balletts sind weltweit als Direktoren begehrt. Wir haben sie nach ihren Stuttgarter Wurzeln gefragt – heute: Marco Goecke, Ballettdirektor am Staatstheater in Hannover.

Serie: Amerikanische Mythen Der Griff nach den Sternen
Im Weltall wartet Neuland auf tatendurstige Pioniere. Das ist einer der Mythen, die bis heute die USA prägen und die wir in unserer Serie „Stars and Stripes“ vorstellen.

Ein Jahr Corona-Kultur-Lockdown Bleibt Stuttgart die deutsche Kulturhauptstadt?
Vor einem Jahr mussten alle Kultureinrichtungen Stuttgarts von einem Tag zum anderen ihre Pforten schließen. Seitdem beherrscht Corona die Szene. Wie viel Kultur der Landeshauptstadt wird der Pandemie zum Opfer fallen?