Die Stadt hat zwar mehr als fünf Millionen Euro für die Sanierung der Wagenhallen bereit gestellt. Das heißt aber nicht, dass die Zukunft gesichert ist. Die Kulturschaffenden setzten die Minimalchance mit ihrem Streit aufs Spiel, meint Jörg Nauke.

Stuttgart - Berliner Flughafen, Tiefbahnhof, Wagenhallen – man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass allein schon die Auflagen für den vorbeugenden Brandschutz eine vergleichbare Wirkung entfalten können wie Schadensereignisse selbst. Anders allerdings als bei der Verkehrsinfrastruktur, die ohne Rücksicht auf Mehrkosten von der öffentlichen Hand zu Ende finanziert wird, ist die Zukunft des viel gepriesenen alternativen Kulturbetriebs im Nordbahnhof höchst ungewiss. Ihn zu unterstützen ist eine Freiwilligkeitsleistung der Stadt und steht, weil die Mittel nun eben einmal beschränkt sind, bei den Haushaltsberatungen stets in Konkurrenz zu anderen sinnvollen Projekten.

 

An dieser Konkurrenzsituation ändert auch der Umstand nichts, dass der Gemeinderat 2013 mit seinem Beschluss, mehr als fünf Millionen Euro in die Sanierung der ehemaligen Zug-Instandsetzungshallen zu stecken, deutlich signalisiert hat, den Kulturbetrieb und die Vereinsarbeit langfristig sichern zu wollen. Wer A sagt, sollte vielleicht auch noch B sagen – in Sachen Wagenhallen müsste die Kommunalpolitik aber nun wohl schon das komplette Alphabet aufsagen, um den Sanierungsumfang darzustellen. Mittlerweile kursiert im Rathaus eine Art Katastrophenszenario – ein zweistelliger Millionenbetrag soll nötig sein, die Kult-(ur)stätte dauerhaft zu sichern. Ob bei einem so hohen Sanierungsaufwand ein Stufenplan weiterhilft, darf bezweifelt werden, denn auch er setzt eine Gesamtfinanzierung des Projekts voraus. Die Stadt kann aber kein Interesse daran haben, für die Vorzeigeeinrichtung ein Fass ohne Boden zu öffnen und ins Blaue hinein zu investieren. Konsequenterweise liegt die Maßnahme nun auf Eis.

Müsste der Gemeinderat heute entscheiden, er würde sie so belassen. Vermitteln doch die Wagenhallennutzer selbst mit ihrem unwürdigen Kleinkrieg den Eindruck, gar kein Interesse mehr an der Fortführung ihres Vorzeigeprojekts zu haben. Die unterschiedlichen Herangehensweisen der Kulturschaffenden, die Vielfalt, zu der auch kommerzielle Veranstaltungen gehören, haben den Wagenhallen überhaupt erst zu ihrem Renommee verholfen. Nun scheint sie eine zerstörerische Kraft zu entfalten. Um sich aber noch eine Minimalchance auf eine Sanierung zu erhalten, sollten die Künstler den Eindruck, die Zukunft im Nordbahnhof bereits hinter sich zu haben, schnellstens widerlegen. Nicht über-, sondern ernsthaft miteinander zu reden, ist auch eine Kunst.