Kommentar zum Abbruch der Bahnstreiks Am Ende der Geduld angelangt

Massiver Druck auf Bahn und Gewerkschaft hat zum Abbruch der Lokführerstreiks geführt. Die Bundesregierung und der Beamtenbund waren mit ihrer Geduld am Ende, meint Matthias Schiermeyer.
Stuttgart - Der Abbruch der neunten Streikrunde bei der Bahn hatte sich angedeutet: Mit Hilfe des früheren Arbeitsrichters Klaus Bepler war es gelungen, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Sowohl die Arbeitgeber als auch die Lokführergewerkschaft zeigten ein ernsthaftes Bemühen, sich über das weitere Vorgehen zu verständigen. Zudem ist GDL-Chef Weselsky – bei aller Wut, die er in der deutschen Öffentlichkeit auf sich zieht – noch immer ein gewiefter Taktiker. Hat er nicht auch vor dem Tag der Einheit im Oktober vorigen Jahres einen Streikabbruch verkündet? Und hat er nicht großmütig auf einen Ausstand über Weihnachten verzichtet? In beiden Fällen konnte er sein Negativimage ein wenig aufbessern.
Regierung und Beamtenbund auf den Barrikaden
Deutlich wird aber auch: Der Streikabbruch und die Einwilligung in eine Schlichtung ist zweifellos das Ergebnis massiven Drucks auf die Kontrahenten. Die Bahnführung wurde – ungeachtet aller Vorgaben der Tarifautonomie – hinter den Kulissen von der Bundesregierung zu ehrlicher Kompromissfähigkeit gedrängt, während die GDL von ihrem Dachverband sogar finanziell aufs Abstellgleis gesetzt wurde. Die Bundesleitung des Deutschen Beamtenbundes hatte Weselsky signalisiert, dass ein Antrag zur Streikgeldunterstützung für den neunten Ausstand nicht mehr bewilligt würde. Ohne den Aktionsfonds des Dachverbandes hält Weselsky aber nicht lange durch. Allen öffentlichen Beistandserklärungen zum Trotz ist der Beamtenbund aufgrund der internen Unruhe über diese Finanzhilfen am Ende ihrer Geduld angelangt. Zudem hat es der Vorsitzende Klaus Dauderstädt mit diplomatischem Geschick geschafft, beiden Seiten Bepler als juristischen Mediator schmackhaft zu machen.
Keine Garantie auf eine Einigung
Eine Garantie auf eine Gesamteinigung bietet die anstehende Schlichtung zwar nicht. Doch ist diese nächste Stufe, selbst wenn man sie mit den zwei in Tarifschlichtungen unerfahrenen Politikern Matthias Platzeck und Bodo Ramelow besteigen will, angesichts des total verfahrenen Tarifkonflikts nicht hoch genug einzuschätzen. Nun muss konstruktiv und transparent verhandelt werden. Kein Beteiligter kann mehr Dinge behaupten, die von neutraler Seite nicht überprüfbar sind. Und dass Weselsky am Ende sogar sein Anliegen eigenständiger Tarifverträge durchsetzt, ist gar nicht mehr auszuschließen.
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