Es fällt schwer zu verstehen, warum ein 20 Jahre altes Bürogebäude abgerissen werden muss. Die Stadt tue gut daran, dem Investor Grenzen und Alternativen aufzuzeigen, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Eine Station ihrer Exkursion am nächsten Wochenende wird die Augsburger Stadtgruppe des Bundes Deutscher Architekten streichen müssen. Die in Fachkreisen hoch geschätzte ehemalige EnBW-Zentrale, die vor nicht allzu langer Zeit von den Stuttgarter Kollegen Lederer, Ragnarsdóttir und Oei geplant worden war, ist nicht zu bewundern. Das Gebäude gehört jetzt einem Münchner Investor, der kein Interesse an Führungen für Fachleute durch die preisgekrönte Immobilie haben dürfte, gegen die er bald die Abrissbirne prallen lassen will. An ihrer Stelle soll ein weiterer Büro- und Wohnkomplex entstehen – mit geringerem Aufmerksamkeitsgrad, so ist zu vermuten. Mit seinen „Pariser Höfen“ hinter dem Hauptbahnhof hat der Investor bereits demonstriert, wie er sich innovatives Bauen vorstellt.

 

Dass Gebäude heute keine Generation mehr überdauern, kennt man eigentlich nur von Traglufttennishallen und Schulhausprovisorien, nicht aber von massiven Büropalästen. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass ein Haus in der Qualität der ehemaligen EnBW-Firmenzentrale abgängig sein soll, für das die besten Materialien gerade gut genug waren und Energieeffizienz an oberster Stelle stand. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit wäre der Abriss ein Desaster.

Starkes Signal an Investoren wäre wichtig

Es ist deshalb vernünftig, dass der neue Baubürgermeister Peter Pätzold das Schlimmste verhindern und in Alternativen denken will. Das (auch nicht immer) scharfe Schwert des Denkmalschutzes steht ihm im konkreten Fall zwar nicht zur Verfügung, aber einem Investor damit drohen zu können, nur eine abgespeckte Version seines Vorhabens zu genehmigen, dürfte eine ähnlich starke Wirkung erzielen. Da sollte doch ein Kompromiss gefunden werden können. Nur sollte Pätzold auch den Gemeinderat hinter sich bringen.

Zwar wird im Gremium immer wieder Unmut laut, wenn ein Gebäude abgerissen wird; die Drohung von Investoren, sie könnten auch woanders bauen, hat in der Vergangenheit aber gerade bei den konservativen Parteien gerne verfangen. Ein starkes Signal – OB Fritz Kuhn hat im Wahlkampf betont, es werde für Stuttgart gebaut, nicht für Investoren – ist aber wichtig, weil in den kommenden Jahren in der Stadt sehr viele Projekte auf Baustelle gehen und sich damit das Risiko optischer Reinfälle zwangsläufig erhöht.