Statt über die reine Lehre zu streiten, sollten die Grünen die historische Energiewende feiern, sagt StZ-Redakteurin Barbara Thurner-Fromm.  

Stuttgart - Deutschland steht vor einer historischen Energiewende. Acht Atomkraftwerke sind schon vom Netz genommen worden, sie bleiben dauerhaft abgeschaltet. Auch für die übrigen gibt es feste Ausstiegsdaten. Eigentlich könnte es also beim Sonderparteitag der Grünen Champus für alle geben, denn keine andere Partei hat 30 Jahre lang so entschieden für dieses Ziel gekämpft. Doch statt einem Fest droht am kommenden Wochenende ein Streit über die reine Lehre. Die Frage wird ernsthaft gestellt, ob der Atomausstieg nur dann gut ist, wenn dabei Union und die FDP nicht mitmachen.

 

Der bibelfeste Winfried Kretschmann sollte seine Parteifreunde auf das Lukasevangelium verweisen: "Im Himmel wird mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren." Angela Merkel wird zwar nie zugeben, dass sie mit der Laufzeitverlängerung eine politische Sünde begangen hat. Sie wird auch weiter so tun, als ob die Energiewende allein ihr zu danken ist. Aber die Bürger wissen es besser, wie alle Umfragen belegen. Tatsache ist auch, dass die Energiewende ohne Grüne vonstatten gehen kann, weil sie in Berlin nur die kleinste Oppositionspartei sind. Das ändert sich am ehesten, wenn sie an den neuen Herausforderungen konstruktiv mitarbeiten.