Das Lüneburger Auschwitz-Urteil gegen Oskar Gröning unterstreicht: Solange noch Täter leben und verhandlungsfähig sind, gehören sie auf die Anklagebank, meint Wiebke Ramm.

Lüneburg - Das Urteil lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der frühere SS-Mann Oskar Gröning hat auch als Buchhalter mit dazu beigetragen, die unfassbar grausame Tötungsmaschinerie der Nazis am Laufen zu halten. Er hat den Mördern beim Morden geholfen. Es war seine freie Entscheidung. Das Tragen einer Uniform befreit einen Menschen nicht vom Denken, auch nicht von seiner Verantwortung. Der Prozess in Lüneburg ist schwer zu ertragen gewesen. Auch deshalb, weil er deutlich gemacht hat, dass die NS-Zeit nicht bloß ein Kapitel im Geschichtsbuch ist. Auschwitz war gestern. Aber Täter und Opfer leben noch.

 

Die Aussagen der Holocaust-Überlebenden haben Deutschland und der Welt die grauenhaften Verbrechen noch einmal eindringlich vor Augen geführt. Das ist gut so in einer Zeit, in der Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt werden und Menschen auf die Straße gehen, um ihre Feindseligkeit gegen Menschen anderer Herkunft auszudrücken. Mit Rechtskraft des Urteils wird ein Schlussstrich gezogen unter den Fall Gröning. Einen Schlussstrich unter die finstere deutsche Vergangenheit aber kann es niemals geben. Solange es noch verhandlungsfähige Täter gibt, gehören sie auf die Anklagebank. So will es der Rechtsstaat, in dem wir heute glücklicherweise leben.