Ein erfolgreicher Betreiberwechsel ist nicht gegen die Interessen der Belegschaft möglich. Partner und Gegner sind nun klar benannt, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Der Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat mit der Aufteilung großer Netze und einer Loslimitierung den Weg für attraktivere Angebote im regionalen Bahnverkehr frei gemacht. Und das auch noch mit neuen klimatisierten, barrierefreien Zügen und für einen Bruchteil der heutigen Summe, die man seit 2003 mit zusammengebissenen Zähnen an die Deutsche Bahn überwiesen hat. Das ist erfreulich – nur was nützen dem Besteller, vor allem aber den Fahrgästen, moderne Züge in einheitlichem Landesdesign, falls sie auf dem Abstellgleis stehen sollten, weil die Nachfolger von DB Regio es bis zum Betreiberwechsel 2019 nicht auf die Reihe bekommen haben, ausreichend Lokführer zu rekrutieren?

 

Betriebsrat ist am längeren Hebel

Nun ist nicht auszuschließen, dass Go Ahead und die stets einen Schritt zögerlicher wirkende Abellio Rail ihr Personal für den Führerstand allein durch eigene Ausbildung rekrutieren könnten. Aber ein Heer von Fahranfängern auf die Strecken mit Start- und Endziel Stuttgart-Hauptbahnhof zu schicken, das seine praktische Ausbildung in der Fremde absolviert hat, wäre keine vertrauensbildende Maßnahme. Es geht also trotz verlorener Ausschreibung zumindest vorerst doch nicht ohne erfahrene Lokführer des Betreibers DB Regio. Deren Betriebsrat wähnt sich mittlerweile auch am längeren Hebel, nachdem ihm Minister Hermann bei der Ausschreibung des Netzes noch mit Verweis auf die Tarifautonomie und das Tariftreuegesetz die Fixierung erkämpfter Sozialstandards verweigert und so ziemlich alt hatte aussehen lassen. Man darf davon ausgehen, dass der bisher kaum vorhandene und auch nicht forcierte Wechselwille der DB-Regio-Belegschaft durch entsprechende Nachbesserungen signifikant erhöht werden kann.

Der Konkurrent ist das Auto

Alte und neue Betreiber tun gut daran, sich nach dem Bieterwettbewerb auf das gemeinsame Ziel zu verständigen, den Schienenverkehr zu stärken und das Auto als Konkurrenten zu betrachten. Deshalb kennt die aus der Not geborene Kooperation auch nur Gewinner. Sie ermöglicht den Privaten, ihren Nachwuchs kompetent praktisch ausbilden zu lassen. Gestandene DB-Lokführer können erst mal drei Jahre lang ohne Existenzangst den potenziellen neuen Arbeitgeber testen und sorgen gleichzeitig für Kontinuität auf der Strecke.

Bei der DB Regio erhöht sich wiederum vor dem Wechsel der Lokführerstamm. Das hilft, die Leistung zu stabilisieren und die Überlastung des Personals zu mildern, welche Kündigungen provoziert, was die Lage weiter verschlimmert. Man muss sich nicht wundern, dass bei einer so hohen Belastung kaum jemand den einstigen Traumberuf ergreifen will. Auch Jim Knopf würde heute wohl eher zum Daimler gehen.