Trotz des Rekordjahres an den Börsen fällt die Freude verhalten aus. Denn in erster Linie sind die Kursgewinne auf die lockere Geldpolitik der Notenbanken zurück zu führen, analysiert der StZ-Redakteur Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt - In den meisten Handelsräumen der Banken und sonstiger Finanzprofis dürften bereits am Montag die ersten Korken geknallt haben. Dabei wird es sich vermutlich um Champagnerflaschen gehandelt haben, denn für professionelle Börsenhändler war das Jahr 2013 ein überaus erfolgreiches Jahr; das zweite in Folge, denn schon 2012 waren die Aktienkurse deutlich gestiegen. Gegenüber dem Krisenjahr 2009, als die Börsen aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Keller gerutscht waren, haben Anleger, die ihr Geld in die 30 Werte des Deutschen Aktienindexes gesteckt haben, sogar einen Gewinn von 160 Prozent erzielen können. Auch in den USA erreichten die Börsenkurse neue Höchststände, und in Japan wurde das beste Börsenjahr seit 1972 erreicht. Das ist ein Grund zum Feiern, zumal viele Anzeichen darauf hindeuten, dass der Aufwärtstrend zumindest in den ersten Monaten des neuen Jahres anhalten wird.

 

Trotz dieser positiven Schlussbilanz und der erfreulichen Aussichten ist die Freude bei vielen Anlegern aber verhalten. Und das durchaus zu Recht, denn auch wenn vor allem die deutsche Wirtschaft sich im abgelaufenen Jahr gut entwickelt hat und die meisten Unternehmen mit höheren Gewinnen aufwarteten, so ist der Kursaufschwung doch hauptsächlich auf die Geldpolitik der Notenbanken zurückzuführen. Niedrige Zinsen auf beiden Seiten des Atlantiks sowie die großzügige Geldzuteilung an die Banken und professionelle Investoren ließen den Profis kaum eine andere Wahl, als ihr Kapital in die Aktienmärkte zu investieren.

Die Niedrigzinsphase führt zu Übertreibungen

Vermeintlich sichere Anlagen, wie etwa Staatspapiere, sind im Jahr 2013 zu Risikokandidaten geworden oder warfen so geringe Renditen ab, dass mit ihnen kaum der reale Wert des Kapitals erhalten werden konnte. Natürlich sind auch Aktien nicht frei von Risiko, Rückschläge hat es immer wieder gegeben. Aber der anhaltende Strom von neuem Geld hat dazu geführt, dass diese Risiken ausgeblendet wurden. Auf Dauer wird das nicht so bleiben, das wissen die Profis. Immer mehr Ökonomen warnen davor, dass die Niedrigzinsphase zu Übertreibungen führen kann, dass früher oder später die nächste Blase platzen kann, sei es an den Aktienmärkten oder bei Immobilien, deren Preise ebenfalls überdurchschnittlich stark gestiegen sind.

Die meisten deutschen Sparer werden den Rekordständen der Börsenindizes ohnehin nicht viel abgewinnen können, denn nach wie vor sind die Deutschen „Aktienmuffel“, nur rund 18 Prozent der Bundesbürger vertrauen ihr Geld der Börse an. Die deutliche Mehrheit setzt auf Sicherheit, selbst wenn dadurch ihr Kapital derzeit „entwertet“ wird, weil die Zinsen, die sie auf dem Sparbuch oder für Festgeldanlagen bekommen, unter der – ebenfalls niedrigen – Preissteigerungsrate liegen.

Private Anleger sind in einem Dilemma

Selbst die Erkenntnis, dass die Zinsen auf längere Zeit so niedrig bleiben werden und einige Lebensversicherungsgesellschaften bereits angekündigt haben, dass sie deshalb ihre Verzinsung senken müssen, hat zu keinem grundlegenden Sinneswandel geführt. In einigen Wochen, wenn die offiziellen Statistiken vorliegen, wird die Lücke offensichtlich werden: Das Geldvermögen der Bevölkerung dürfte 2013 weiter gestiegen sein. Doch das ist nur ein Durchschnittswert, denn es werden vor allem die ohnehin Reichen sein, die ihren Reichtum vermehren konnten. Das Geldvermögen der meisten Bundesbürger wird wohl eher geschrumpft sein.

Dieses Dilemma wird für private Anleger auch das neue Jahr bestimmen. Selbst Experten sind sich nicht einig, ob der Kurs-Höhenflug anhalten wird, ob sich ein Einstieg in den Aktienmarkt also wirklich noch lohnt. Die Risiken, die 2013 von den Finanzprofis ausgeblendet wurden, sind nach wie vor vorhanden. Auch die Börse ist keine Einbahnstraße.