Einen Bürgerhaushalt für Stuttgart aufzustellen ist zäher Stoff und keine Unterhaltungslektüre. Ein Kommentar von Thomas Borgmann.

Stuttgart - Die baden-württembergische Landeshauptstadt erweist sich mehr und mehr als ein Labor für neue Formen der aktiven Bürgerbeteiligung. Stuttgart 21 lässt grüßen. Mag der Streit über dieses Großprojekt auch mit unverminderter Härte weitergehen - im Rathaus hat man seine Lektion daraus gelernt: Die Menschen wollen frühzeitig und umfassend von der Kommunalpolitik informiert werden, sie wollen gehört und nach Möglichkeit direkt eingebunden werden. Nur auf diese Weise schafft man Vertrauen, erreicht Akzeptanz und am Ende auch Verständnis dafür, dass nicht alle Wünsche erfüllbar sind.

 

In dieser Hinsicht wird es interessant sein, welches Echo die Aktion mit dem sogenannten Bürgerhaushalt bei den kommunalpolitisch Interessierten finden wird. Die Stadtverwaltung trommelt mächtig - nun liegt es an der Bürgerschaft, die Einladung, die der Oberbürgermeister und der Gemeinderat ausgesprochen haben, auch anzunehmen. Das allerdings ist für die Menschen mit einiger Mühe verbunden, denn ein Stadthaushalt, der mehr als vier Milliarden Euro umfasst, ist zäher Stoff und keine Unterhaltungslektüre. Auch schmissige Parolen helfen da nicht weiter. Überdies muss der Bürger von vornherein akzeptieren, dass er selbst nichts entscheiden kann - das bleibt von Gesetzes wegen auch weiter dem Stadtparlament vorbehalten.

Der Appell der Grünen, das Thema Stuttgart 21 aus dem Bürgerhaushalt herauszuhalten, ist sinnvoll. Ob er befolgt wird, steht auf einem anderen Blatt. In diesem Sinne ist die neue Aktion durchaus ein Gradmesser für Vernunft und Augenmaß.