Die Bundesliga funktioniert vorbildlich. Aber mit der finanziellen Disziplin droht Langeweile, weil die hochrangigen Transfers fehlen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Reinhard Rauballs Jackett müsste eigentlich ziemlich abgegriffen sein - so oft wie sich der Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in den vergangenen Tagen auf die eigene Schulter geklopft hat. Er stehe einem absoluten Premiumprodukt vor, sagte Rauball unter anderem zur Entwicklung der Bundesliga, die am Freitag mit der Partie zwischen Borussia Dortmund und dem Hamburger SV startet. Es ist ein berechtigtes Eigenlob. Die Bundesliga hat über die vielen Jahre nichts von ihrer Anziehungskraft verloren, im Gegenteil, sie bricht vor ihrer 49. Saison mal wieder alle ihre Rekorde. 480.000 Dauerkarten wurden verkauft, mehr als 13 Millionen Fans werden in der Spielzeit 2011/2012 erwartet, die deutschen Stadien sind das Maß aller Dinge. Die umgebaute Stuttgarter Arena ist ein weiterer beeindruckender Beleg dafür. Und auch sportlich ging es zuletzt aufwärts. In der Europa-Rangliste hat die Bundesliga die italienische Seria A vom dritten Platz verdrängt. Deutschland kann nun in einem Jahr wieder vier Mannschaften in der Champions League stellen - so wie die Engländer und Spanier auch.

 

Doch es ziehen Wolken über dem Fußballparadies auf. Es zeichnet sich nämlich ab, dass der deutschen Eliteklasse ein ganz entscheidendes Merkmal droht abhandenzukommen: die Spannung. Während in Spanien, England und Italien bestenfalls jeweils drei Mannschaften für den Titel infrage kommen, lebte die Bundesliga bisher gut von der Abwechslung. Immer wieder ein neuer Meister, dazu oft bis zu neun Mannschaften, die sich berechtigte Hoffnungen auf den Titel machen durften, und ebenso viele, die von Abstiegssorgen geplagt wurden - das Spannungspotenzial schien schier unerschöpflich zu sein.

Diszipliniert, aber nicht spektakulär

Nun aber könnte tatsächlich eintreten, was die meisten Fußballexperten reflexartig voraussagen: eine erdrückende Dominanz des FC Bayern. Die Münchner investierten 40 Millionen Euro in neue Spieler, das ist rund ein Drittel der Liga-Gesamtausgaben. So deutlich wurde die Spitzenstellung noch nie herausgestellt. Der wohl am besten wirtschaftende Verein der Fußballwelt kann sich die sportlichen Durchhänger der jüngsten Vergangenheit leisten, andere Vereine nicht. Bremen und Stuttgart sind dafür die besten Beispiele. Wenn dort auch nur einmal das internationale Geschäft verpasst wird - wie gerade geschehen -, hat das weit reichende Folgen. Beide Clubs haben sich nun einen knallharten Sparkurs verordnet, der keine überdurchschnittlichen Transfers mehr zulässt. Vermutlich haben sich gerade zwei Vereine für lange Zeit aus dem Titelrennen verabschiedet. Diesem Beispiel werden immer mehr Clubs folgen.

Die Bundesliga kann zu Recht auf ihre finanzielle Disziplin stolz sein. Doch spektakulär ist dieses Merkmal eben nicht. Was schert es die spanische Liga, dass aus Überschuldungsgründen keiner ihrer Vereine eine Bundesligalizenz erhalten würde, wenn trotzdem undurchsichtige Mittel und Wege gefunden werden, um die besten Spieler der Welt zu bezahlen.

Die Bundesliga sollte auch nicht zu viel Hoffnung in das vom europäischen Verband Uefa länderübergreifend auf den Weg gebrachte Financial Fairplay setzen. Die deutschen Clubs - vorbildlich wie sie in diesem Bereich nun einmal sind - werden allesamt das für das Jahr 2013 ausgegebene europäische Klassenziel erreichen: nicht mehr auszugeben, als eingenommen wird. Ob bei einer Zuwiderhandlung dann tatsächlich Real Madrid oder Manchester United - wie angekündigt - nicht mehr in der Champions League spielen dürfen, ist schwer vorstellbar. Realistischer erscheint da schon, dass sich Spanier, Engländer und Italiener über die korrekten Deutschen amüsieren und die europäischen Wettbewerbe unter sich ausmachen. Ob der FC Bayern München wenigstens mithalten kann? Immerhin das wäre aus deutscher Sicht noch spannend zu beobachten.