Mehr Daten wagen: Der BW Atlas untermauert das ein oder andere Gefühl zum schönen und reichen Bundesland Baden-Württemberg mit Fakten.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Baden-Württemberg ist ein reiches und schönes Bundesland. Außer einigen notorischen Schwarzmalern können dieser These vermutlich viele Landsleute zustimmen – wenn auch mehr aus einem Gefühl heraus als aufgrund objektiver Fakten, Daten und Kennzahlen. Das muss kein Fehler sein, schließlich reicht es zum Glücklichsein, sich einfach genauso zu fühlen.

 

Alles Zucker im Südwesten? Zurück zu den Fakten. Beispiel Demografie: Trotz Zuwanderung vorrangig jüngerer Menschen steigt der Anteil der Über-65-Jährigen absehbar massiv. 2035 wird gut ein Viertel mehr Senioren im Südwesten leben als heute. Sind unsere Städte, ist unsere Infrastruktur darauf umfassend vorbereitet? Beispiel Flächennutzung: Zahlreichen Appellen zum Trotz nimmt die Versiegelung der Landschaft zu. Ein Indikator für Fortschritt und Entwicklung? Auch das. Aber genauso ein Zeichen für Zersiedelung und die ungebrochene Abhängigkeit vom Auto. Man denke den demografischen Wandel nur einmal mit der ebenfalls weiter steigenden Kfz-Dichte im Land zusammen – wird das auf Dauer wirklich gut gehen?

Riesige Datenmengen zugänglich gemacht

Diese und andere Fragen stellen sich, wenn man den BW Atlas anklickt, das neue Datenprojekt unserer Zeitung. Darin werden riesige Mengen Daten auch solchen Nutzern zugänglich gemacht, die sich nur ungern durch lange Tabellen wühlen wollen. Deshalb wurde eine Kartendarstellung gewählt, die Entwicklungen über mehrere Jahre nachvollziehbar macht. Das gibt es bisher in dieser Art nicht, und deshalb können unsere Leser und Leserinnen mit dem BW Atlas einen wirklich neuen Blick auf das Bundesland werfen – und auf ihre Heimatgemeinde.

Der BW Atlas schaut nämlich auch in die Gemeinden. Er beantwortet nicht nur die Frage, ob es der eigenen Kommune besser geht als dem Nachbarort. Er zeigt auch Kontraste auf. Etwa dass ein Haushalt in Remseck pro Jahr typischerweise viele Tausend Euro mehr zur Verfügung hat als im benachbarten Kornwestheim und Ludwigsburg. Sichtbar wird die enorme Verkehrsbelastung, die Städten wie Sindelfingen, Böblingen oder Weissach durch Zehntausende Einpendler entsteht – während die übrigen Gemeinden nicht nur im Kreis Böblingen tagsüber die Hälfte ihrer arbeitenden Einwohner und damit auch ihrer Kaufkraft verlieren.

Daten – nur vermeintlich trocken

Der Blick auf unterschiedlich eingefärbte Karten mit Pendlerzahlen löst gewiss weniger starke Gefühle aus als der tägliche Stau auf dem Weg zur Arbeit. Und doch bilden sich in den vermeintlich trockenen Daten der Alltag und das Leben der Menschen im Land ab: von den ungebrochen hohen Baulandpreisen in den Großstädten und Ballungsräumen über die stetig zunehmende Menge an Restmüll bis hin zum Wahlverhalten. Wirft man die Stimmenanteile von CDU und SPD im Jahr 2001 auf die Landkarte, ist Baden-Württemberg tiefschwarz und knallrot. Bei der letzten Wahl 2016 sind daraus ein leichtes Grau und ein blasses Rosé geworden – zugunsten eines mittlerweile kräftigen Grün in fast allen Landesteilen. Bei den Kommunalwahlen ist es nur unwesentlich anders.

Es stimmt: Baden-Württemberg ist ein reiches und schönes Bundesland. Aber es ist nicht überall gleich reich und gleich schön. Muss es auch gar nicht. Aber die Unterschiede zur Kenntnis zu nehmen, schadet nicht. Wir leben in emotionalen Zeiten, und derzeit werden negative Empfindungen deutlich lauter geäußert als positive. Wir sollten mehr Daten wagen. Wenn der BW Atlas hilft, das eine oder andere Gefühl mit Fakten zu untermauern – dann hat er sein Ziel erreicht.