Der DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach wird den Verband anders führen als Präsident Theo Zwanziger, meint StZ-Sportchef Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Als die deutsche Fußball-Nationalmannschaft 1990 gerade das WM-Finale gewonnen hatte, da jubelte ihr Pressesprecher Wolfgang Niersbach auf dem Rasen in Rom ganz besonders ausgelassen. Am Mittwoch hat Niersbach für sich persönlich einen viel größeren Erfolg errungen. Doch die Gewissheit, dass er der elfte Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sein wird, hat dem 61-Jährigen nur ein kühles, staatsmännisches Lächeln entlockt. Seine 24 Jahre im größten Sportverband der Welt, wo neben dem Fußball vor allem das Strippenziehen und das Knüpfen von Netzwerken ganz wichtige Disziplinen sind, haben bei Niersbach Spuren hinterlassen. Das Pokerface gehört in den oberen DFB-Etagen eben zur Grundausrüstung.

 

Nächstes Jahr erfolgt die Krönung von Niersbachs Verbandskarriere. Der DFB-Generalsekretär wird die Nachfolge des Präsidenten Theo Zwanziger antreten, der seinen Rücktritt angekündigt hat. Niersbachs Wahl ist eine Formsache, nachdem sich am Mittwoch die Vertreter des Präsidiums und der Regionalverbände für den früheren Agenturjournalisten und Herausgeber des Stadionheftes von Fortuna Düsseldorf als Kandidaten ausgesprochen haben.

Teamplayer statt Alleingänge

Sollte sich Niersbach vor seinem Amtsantritt nicht grundlegend ändern, dann bekommt der DFB einen fähigen Präsidenten. Der Düsseldorfer ist ein Organisationstalent, was er als Planer der Heim-WM 2006 an der Seite Franz Beckenbauers eindrucksvoll bewiesen hat. Und er ist vor allem ein Mannschaftsspieler, dem Alleingänge fremd sind - was ihn ganz grundsätzlich von Theo Zwanziger unterscheidet. Er ist beim DFB immer ein Mann des Ausgleichs gewesen. Außerdem wird er mit seinen guten internationalen Kontakten dem DFB im europäischen Verband Uefa und im Weltverband Fifa wieder Gewicht verleihen.

Was Niersbach allerdings noch nachweisen muss, ist, dass er auch die Belange der Amateurfußballer im Auge hat. Als enger Freund der großen Bayern-Ikone Beckenbauer steht er nicht im Ruf, ein besonders enges Verhältnis zur deutschen Fußballbasis zu pflegen. Wenigstens darin sollte er sich an Theo Zwanziger orientieren, der sich immer für jene starkgemacht hat, die nicht im Rampenlicht stehen: für die Amateurclubs ebenso wie für die Fußballfrauen.

Geschlossen für Niersbach

In anderen Bereichen hat Zwanziger am Ende seiner Präsidentschaft aber immer mehr das Gespür verloren. Im Schiedsrichterfall Manfred Amerell agierte Zwanziger unglücklich, weil er sich zu früh auf die Seite des vermeintlichen Beziehungsopfers Michael Kempter geschlagen hatte. Einen missliebigen Journalisten überzog der Jurist mit überflüssigen Klagen, wohingegen er mit der "Bild" ein enges Verhältnis pflegt. Die Zeitung seines Vertrauens weihte Zwanziger auch vorab in seine Rücktrittspläne ein. Die Mitglieder des DFB-Präsidiums und der Regionalverbände dagegen nicht. Diese haben entsprechend reagiert, indem sie sich geschlossen für Niersbach als einzigen Präsidentschaftskandidaten ausgesprochen haben - und gegen den von Zwanziger ins Spiel gebrachten Erwin Staudt.

Als Verlierer muss sich Staudt deshalb aber nicht fühlen. Der ehemalige VfB-Präsident hat sich in den wenigen Tagen als möglicher Kandidat sehr achtbar geschlagen. Respekt verschaffte er sich mit der nun umgesetzten Ankündigung, nur ins Rennen zu gehen, wenn Niersbach nicht antreten würde. Er wolle keine Kampfabstimmung, versicherte Staudt glaubhaft, weil diese den Verband spalten würde. Damit sorgte er in knapp einer Woche bundesweit für mehr Aufsehen als durch die jahrelange Tätigkeit als IBM-Manager und Stuttgarter Vereinspräsident. Das verrät viel über den Stellenwert des DFB-Präsidenten in der Öffentlichkeit. Der steht unter dem Druck der ständigen Beobachtung. Wolfgang Niersbach weiß dies wie kein Zweiter. Vermutlich hat er sich auch deshalb am Mittwoch nicht unbedingt euphorisch gezeigt.